Eigene Forschungen

Dienstag, 14. August 2012

EIN TURBO RÄUMT DEN HIGHWAY AUF


CAR CRASH
Italien, Spanien, Mexiko 1980

Regie:
Antonio Margheriti

Darsteller:
Joey Travolta,
Vittorio Mezzogiorno,
Ana Obregón,
John Steiner,
Sal Borghese,
Antonio Margheriti,
Ricardo Palacios,
Claudia Bono



Inhalt:

Paul [Joey Travolta] und Nick [Vittorio Mezzogiorno] sind als Rennfahrer unschlagbar. Als sie im Auftrag der vollschlanken Unterweltgröße Eli Wronsky [Ricardo Palacios] abgekartete Rennen fahren sollen, weigern sie sich und rasen wider der Abmachung als Gewinner ins Ziel. Wronsky scheint nicht wenig verärgert und lässt infolgedessen ihren Wagen verschrotten, um sie an der Teilnahme des bevorstehenden illegalen Car-Crash-Rennens zu hindern. Doch Aufgeben ist für die beiden keine Option: Ein befreundeter Automechaniker, den Wronsky einst ins Krankenhaus brachte, hat eine neue Superkarre zusammengezimmert, die allen Belastungen standhält. Als Wronsky davon Wind bekommt, will er die beiden loswerden und heuert einen Killer an (welcher sich allerdings ausnehmend dämlich anstellt). Auf ihrer Flucht liest das Duo die Antiquitätenhändlerin Janice [Ana Obregón] auf, die sich auf dem Weg zum exzentrischen Millionär Kirby [John Steiner] befindet, um diesem ihre Ware zu verkaufen. Als Paul und Nick sie dabei kurzentschlossen begleiten, entpuppt sich Kirby ebenfalls als Autonarr, welcher sich im Anschluss zusätzlich an ihre Fersen heftet. Das 'Car Crash' steht bevor, doch Wronsky hat noch längst nicht aufgegeben …

Kritik:

Der große Erfolg der amerikanischen Actionkomödie EIN AUSGEKOCHTES SCHLITZOHR beflügelte einmal mehr die für ihre fabelhaften Kopierkünste bekannte italienische Filmindustrie, es ihr mit einem ähnlichen Werk gleichzutun, um sich auch ein Stückchen vom Kuchen einverleiben zu können. Das Resultat dieser Bemühungen nennt sich (zumindest im Original) CAR CRASH und präsentiert sich als ein ziemlich unverhohlener Trittbrettfahrer, der jedoch auffallend Mühe damit hatte, seine Actionsequenzen zu einem sinnvollen Ganzen zu verbinden. Nun erwartet man von einem Titel wie diesem freilich keine großartig komplexen Zusammenhänge, zumal ja selbst die Vorlage nicht unbedingt durch ihren Einfallsreichtum beeindruckte, doch merkt man es CAR CRASH nur allzu deutlich an, dass man Schwierigkeiten hatte, das Werk auf eine akzeptable Länge zu bürsten. So zieht sich die Handlung durch ständiges Wiederholen immer gleicher oder ähnlicher Situationen unnötig in die Länge, während die Rolle der Janice allzu offensichtlich nur ins Skript geschrieben wurde, um ein geeignetes 'Love Interest' für die Hauptfigur vorweisen zu können. Wenn Paul ihr dann nach zwei Tagen auch treu den Genre-Regeln folgend seine Liebe gesteht, kennt das Publikum eigentlich gar nicht so recht den Grund für diese Gemütsregung, gibt es dazu doch im Prinzip gar keinen Anlass.

Zudem fehlt es entschieden an dem, was zumindest der deutsche Titel eigentlich verspricht: Highway-Action! Im Gegensatz zu den Vorbildern bretterte man hier stattdessen vorzugsweise durch Parkanlagen, Kiesgruben und Baustellen. Das hatte natürlich in erster Linie Kostengründe und ist auch nicht vollkommen ohne Reiz, kann sich mit der ungezügelten Freiheitsattitüde des Vorbilds jedoch in keiner Weise messen. Allerdings – und das ist die ganz große Trumpfkarte CAR CRASHs – kann sich die Action durchaus sehen lassen und hält das Stimmungsbarometer stetig oben. Das überrascht wenig, denn im Regie-Cockpit nahm Antonio Margheriti [→ GEHEIMCODE: WILDGÄNSE] Platz. Der italienische Regisseur war besonders in den 80er Jahren eine der ersten Adressen, wenn es um effizientes Arbeiten ging: Seine Werke sahen zwar teuer aus, waren jedoch ungemein kostengünstig produziert. Auch Quentin Tarantino wusste die Qualitäten Margheritis zu schätzen und ließ seinen Namen als Huldigung in die Dialoge INGLOURIOUS BASTERDS' einfließen. Zur Freude des Publikums frönte Margheriti, der hier als Rennleiter auch mal sein Gesicht in die Kamera hält, bei CAR CRASH wieder fleißig einer seiner Lieblingsbeschäftigungen: der Arbeit mit Modellen. Zahlreiche Stunts und Actionmomente wurden erneut mithilfe von Miniaturen getrickst – speziell die Explosionsszenen. Und explodieren tut hier so einiges (ohne Rücksicht auf physikalische Gesetze, versteht sich), und das sieht wirklich immer verdammt gut aus!

Um CAR CRASH speziell für den amerikanischen Markt noch ein bisschen interessanter aussehen zu lassen, besetzte man die Hauptrolle mit Joey Travolta [→ ALLE NENNEN MICH BRUCE], dem älteren Bruder des dank SATURDAY NIGHT FEVER frisch zum Megastar aufgestiegenen John Travolta, welcher eine Zeit lang auf eine ähnliche Erfolgsschiene gehofft hatte. Warum ihm dennoch die große Karriere verwehrt blieb, ist dann auch allzu offensichtlich: Zwar darf man annehmen, dass schauspielerisches Können hier ohnehin nicht groß gefragt war, doch mal abgesehen davon, dass Paul während der gesamten 80 Minuten nicht wirklich mehr als einen Gesichtsausdruck auflegt, fehlt es ihm auch an der nötigen Ausstrahlung. Für einen Zweite-Reihe-Titel wie CAR CRASH allerdings ist seine Leistung durchaus ausreichend.

Ihm zur Seite steht Vittorio Mezzogiorno [→ DIE LETZTE RECHNUNG SCHREIBT DER TODals Pauls Kamerad Nick, für den im Großen und Ganzen das Gleiche gilt. Darstellerisch reißt auch er keine Bäume aus, blickt er doch die meiste Zeit, selbst während der Actionszenen, lediglich mit steinerner Miene in die Gegend. Dennoch bietet er eine nette Ergänzung zu Joey Travolta, auch wenn seine ständig zotenreißende Synchronstimme (für die der Darsteller natürlich nichts kann) auf Dauer eher enervierend wirkt. Ana Obregón [→ DAS GEHEIMNIS DER VIER KRONJUWELENhat als Janice eine denkbar undankbare Rolle abbekommen, ist sie doch allzu offensichtlich nur deswegen anwesend, weil man unbedingt einen Frauennamen auf der Besetzungsliste stehen haben wollte. Große Ambitionen kann man da gewiss kaum entwickeln, auch wenn die Spanierin noch versucht, das Beste daraus zu machen. Im Anschluss verschwand Obregón wieder fast völlig in der Versenkung, spielte in ihrer Heimat dann überwiegend in Serienformaten mit.

Einzig John Steiner fällt auf Darstellerseite deutlich aus dem Rahmen: Zwar schien dem Skript gar nicht so ganz klar zu sein, was es mit seiner Figur überhaupt anfangen soll, doch seine Darbietung des exzentrischen Millionärs Kirby geriet dermaßen erfrischend überkandidelt, dass es eine wahre Freude ist, ihm dabei zuzusehen. In der Vergangenheit überzeugte John Steiner bereits in anspruchsvoller Ware wie TEPEPA, und es ist überaus amüsant, ihn hier in einer völlig anderen Rolle zu erleben. Zu erwähnen sei noch die Mitwirkung Sal Borgheses [→ HÖLLENHUNDE BELLEN ZUM GEBET], der sein markantes Pferdegesicht bereits in unzähligen Nebenrollen des italienischen Kinos in die Kamera hielt und dessen Präsenz immer etwas Heimeliges mit sich bringt. Als knautschvisagiger Auftragskiller ist er hier nahezu perfekt besetzt.

Die deutsche Synchronisation meint es leider etwas zu gut und nervt auf Dauer mit ihrer bemühten Zotigkeit – vor allem deswegen, weil man es wohl als übermäßig komisch erachtete, immer mal wieder die Vierte Wand zu durchbrechen: „Nimm doch einfach seinen Bruder John Travolta, der ist sowieso gerade aus dem Geschäft!“ heißt es da über Paul, woraufhin Nick antwortet: „Aber in dem Film wird nicht getanzt!“ Und Ricardo Palacio, welcher den Kontrahenten der beiden Helden verkörpert, wurde aufgrund seiner Leibesfülle immer mal wieder ein „Oink“ auf die Lippen gelegt. Das sollte wohl lustig sein, wirkt allerdings reichlich bescheuert.

Zwar muss CAR CRASH sich dem Vorbild geschlagen geben, bleibt jedoch dennoch eine recht labende Sause für anspruchslose Gemüter, was vor allem an Margheritis liebevoller Inszenierung der Actionszenen liegt. Eine gewisse Neigung zu kindlicher Infantilität sollte man natürlich mitbringen, ansonsten könnte einem der Turbo eher den Magen aufräumen. Der Rest aber erfreut sich an heulenden Motoren, fliegenden Modellautos und jeder Menge Explosionen. Oink!

Laufzeit: 85 Min. / Freigabe: ab 12

1 Kommentar:

  1. Nachtrag: Kaum 8 Jahre später fällt mir auch schon auf, dass AUF DEM HIGHWAY IST DIE HÖLLE LOS, den ich hier kurzerhand zum vermeintlichen Vorbild für diesen Film erklärte, tatsächlich erst im Folgejahr in die Kinos kam. CAR CRASH wurde in Deutschland zwar tatsächlich erst hinterher gezeigt (das erklärt auch den deutschen Titel, der deutlich auf den Highway-Film anspielt), aber schon vorher produziert. Weil ich aber gerade keine Lust habe, den Text zu ändern, bleibt das jetzt erstmal so. Immerhin bei EIN AUSGEKOCHTES SCHLITZOHR lag ich ja richtig. Hälfte richtig ist 4, 4 ist bestanden, und bestanden ist gut.

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