Eigene Forschungen

Dienstag, 31. Juli 2012

DIE TÖDLICHEN ZWEI


SHUANG XIA
Hongkong 1971

Regie:
Chang Cheh

Darsteller:
Ti Lung,
David Chiang,
Ku Feng,
Wang Chung,
Chen Sing,
Wang Kuang-Yu,
Bolo Yeung,
Fung Sui-Fang



„Sie kommen wie ein Sturmwind über ihre Feinde.“


Inhalt:

Die Mongolen sind in China und unterjochen das Volk. Prinz Kang [Yau Lung], ehrenwertes Mitglied der Sung-Dynastie, fällt in die Hände des Feindes. Doch im Untergrund regt sich Widerstand: Die Truppe um Freiheitskämpfer Bao Ting Tien [Ti Lung] erfährt durch Zufall, wo der Prinz gefangengehalten wird. Doch der einzige Weg, diesen Ort zu erreichen, führt über eine baufällige alte Brücke. Bao beschließt, den als äußerst wendig und leichtfüßig bekannten Yian Luyan [Stanley Fong] einzuspannen, dem er als einzigem zutraut, das morsche Bauwerk schadenfrei zu überqueren. Doch bei seiner Ankunft muss er feststellen, dass Yian sich bereits mit dem Feind verbündet hat. Vor Ort ist zufälligerweise auch Little Bat [David Chiang], ein ehemaliger Schulkamerad Yians - gemeinsam können sie den Verräter schlagen. Logische Schlussfolgerung: Da Bat Yian besiegt hat, muss er besser und geschickter sein, als dieser es war, und wäre damit ebenfalls geeignet, die Brücke zu passieren. Bat verspricht, ihnen zu helfen, während sich Baos Männer bei ihren Überquerungsversuchen bereits nach und nach die Hälse brechen.

Kritik:

In den 70er Jahren erfreute sich im Kino ein Genre weltweiter Beliebtheit, das von der intellektuell sich ziemenden Kritiker-Garde fast einhellig als billiger Schund abgekanzelt und nicht selten gar der menschenverachtenden Gesinnung nebst Gewaltverherrlichung beschuldigt wurde. Es war das Jahrzehnt der stählernen Todeskrallen, der gnadenlosen Knochenbrecher, der gelben Tiger und tödlichen Fäuste, kurz: der knallharten Kung-Fu-Kämpfer, welche scheinbar der Schwerkraft trotzend ihre Kapriolen schlugen und dabei zu schier Übermenschlichem im Stande zu sein schienen. Im Zeitalter des anspruchsvollen Autorenkinos stieß das überwiegend auf Unverständnis, während durchaus vorhandene eindeutige Qualitäten dabei meist konsequent ignoriert wurden.

Die eifrige Produktionsschmiede der Gebrüder Shaw war nicht nur die treibende Kraft hinter dem Erfolg des vom Feuilleton so schmählich verachteten Martial-Arts-Genres, sondern kristallisierte sich auch schnell als dessen Speerspitze heraus. Denn trotz ihres gigantischen Ausschusses und der routinierten Abwicklung bestachen die Werke der Shaw Brothers durch ihre gekonnte Inszenierung, ihre aufwändigen Produktionsmittel und nicht zuletzt durch ihre charismatischen Stars und setzten somit immer wieder neue Standards, welche die Konkurrenz nur selten erreichen konnte.

DIE TÖDLICHEN ZWEI vereint gleich zwei der damals zugkräftigsten Namen auf seiner Besetzungsliste: David Chiang und Ti Lung. Beide begannen ihre Karriere bei den Shaws als Stuntmen, bevor sie, vorzugsweise unter der Schirmherrschaft von Regisseur Chang Cheh, zu zwei der größten Ikonen des Genres ausgebaut und damit in Asien zu Superstars wurden. Dabei lag es weniger an ihrer Muskelkraft, dass sie das Publikum immer wieder erfolgreich für sich einnehmen konnten (speziell David Chiang war ein schmaler Hering, dem man seine Unbesiegbarkeit oft nur schwerlich abkaufen konnte), als viel mehr an ihrer Leinwandpräsenz und ihren (selbst für westliche Augen) markanten Gesichtszügen.

Mit derlei Star-Power ausgestattet, sparte man bei DIE TÖDLICHEN ZWEI hingegen gehörig an der Story, die dieses Mal tatsächlich auffallend spartanisch daherkommt und jeden Anflug von Komplexität quasi vollkommen vermissen lässt. Dafür erlaubt sich der rasante Kostümschinken mit seinen knackigen 75 Minuten Laufzeit auch keine Längen und geht stattdessen von Beginn an extrem steil. Bereits nach wenigen Sekunden sind die Fronten glasklar abgesteckt: Auf der einen Seite kämpfen die bösen Mongolen, die grausam und ohne Rücksicht auf Verluste das Volk unterjochen, auf der anderen die unterdrückten Chinesen, die tapfer und heldenhaft ihre Freiheit verteidigen. Für feine Zwischentöne blieb dabei natürlich kein Platz. Das ist zwar fraglos an der Realität vorbei, aufgrund der gebotenen Trivialität jedoch ohnehin nicht wirklich ernstzunehmen.

DIE TÖDLICHEN ZWEI – und das ist keine große Überraschung – taugt somit weder als ernstzunehmender Geschichtsunterricht, noch als Lektion in Sachen politischer Korrektheit, bietet dafür jedoch Actionfreunden das volle Krawall-Programm ohne jedwede Sperenzchen. Bereits unmittelbar nach dem Vorspann tobt ausladendes Kampfgetümmel, und erst unmittelbar vor der Ende-Einblendung, wenn alles in Schutt und Scherben liegt, kommen die Krieger wieder zur Ruhe. Einzig die problematische Überquerung einer einsturzgefährdeten Brücke lässt als retardierendes Moment das Handkantengewitter pausieren. So wagt sich ein wackerer Held nach dem nächsten in waghalsiger Todesverachtung auf das morsche Bauwerk, nur, um im Anschluss ebenso tragisch zu Tode zu stürzen, wie der bedauernswerte Vorgänger es bereits getan hat. Zwar wirkt es auf Dauer ein wenig albern, wie unverbesserlich und lernresistent hier einer nach dem anderen auf solch unerquickliche Art und Weise das Essbesteck reicht, doch als ebenso simples wie effektives Spannungselement funktioniert diese Episode durchaus.

Die Kampfszenen – die eigentliche Referenz der Shaw Brothers – sind abermals großartig choreographiert und nicht selten in einer einzigen Einstellung gefilmt. In perfektem Timing hauen sich die Protagonisten hier gekonnt aufs Mett, während die Kamera dabei unermüdlich über das Schlachtfeld wandert. David Chiang mutiert dabei zeitweilen zum Berserker und fightet, als ginge es tatsächlich um sein Leben. Das Finale schließlich übertreibt es dann maßlos mit Heldenmut und Tapferkeit und schaufelt eine Extraschicht Pathos in einen apokalyptischen, von Blut und Tränen getränkten Showdown, der in seinem Hang zur hemmungslosen Theatralik jeden Realitätsanspruch unter sich begräbt.

Das ist sicherlich nicht zuletzt auch ein Verdienst des Mannes auf dem Regiestuhl: Chang Cheh [→ DIE TODESPAGODE DES GELBEN TIGERS], einer der renommiertesten Regisseure der Shaws, der ein paar der größten Erfolge und späteren Klassiker mitzuverantworten hatte, war schon immer ein Freund der überlebensgroßen Geste, jemand, der lieber klotzte, anstatt zu kleckern. Das Heroic Bloodshed, das heldenhafte Blutvergießen, war sein Steckenpferd, von seinem Schüler John Woo später die Massen begeisternd perfektioniert und waffenstarrend in die Moderne getragen. In Anlehnung an die alten chinesischen Rittermythen feiern Bruderschafts- und Ehrgefühl erneut bluttriefende Triumphe.

DIE TÖDLICHEN ZWEI ist fraglos nichts für Feingeister: Hier werden keine Gefangenen gemacht, der Blutzoll steigt ins Unermessliche und die Knochen knacken im Dreivierteltakt. Auf moralische Konflikte, wie sie oft im Zentrum der Shaw-Klassiker stehen, wurde größtenteils verzichtet. In Struktur und Ambition insgesamt eher zurückhaltend, in Ausstattung und Engagement dafür mehr als üppig, in seiner inhaltlichen Genügsamkeit gleichzeitig sympathisch aufrichtig, zählt hier die pure, perfekt inszenierte Attraktion, frei von Schnörkel und Ballast. Das taugt zwar nicht zum Klassiker, wohl aber zur astreinen Actionrakete zum Feierabend und präsentiert sich als mit enormem Tempo vorpreschender Kung-Fu-Kracher, der nicht nur eingefleischten Fans ein zufriedenes Lächeln auf die Lippen schmiedet. Billiger Schund war selten so unterhaltsam.

Laufzeit: 78 Min. / Freigabe: ungeprüft

Montag, 30. Juli 2012

KILLERS FROM SPACE


KILLERS FROM SPACE
USA 1954

Regie:
W. Lee Wilder

Darsteller:
Peter Graves,
Barbara Bestar,
James Seay,
Frank Gerstle,
John Frederick,
Steve Pendleton,
Shepard Menken,
Jack Daly



Inhalt:

Nach einem Atombombentest überfliegen ein Pilot und der Wissenschaftler Dr. Martin (Peter „Have you ever seen a grown man naked?“ Graves) das Explosionsgebiet, um Messdaten zu sammeln. Doch da versagt plötzlich die Steuerung des Flugzeugs, und die Maschine stürzt ab. Beide Insassen werden zunächst für tot gehalten, aber kurz darauf taucht Dr. Martin im nahegelegenen Militärstützpunkt auf, offenbar unverletzt und wohlbehalten, bis auf die Tatsache, dass er sich an nichts erinnern kann, was seit dem Absturz geschehen ist, sowie einer kreuzförmigen Narbe über seinem Herzen, die eindeutig von einem chirurgischen Eingriff stammt. Martins Unversehrtheit kommt seinen Vorgesetzten allerdings reichlich merkwürdig vor, weshalb er aus Sicherheitsgründen vom weiteren Verlauf des Atomwaffentestprogramms ausgeschlossen wird. Tatsächlich scheint irgendetwas mit dem guten Doktor nicht zu stimmen. Er scheint unter einem merkwürdigen Zwang zu stehen, hat Visionen von starrenden Augen. Nachdem er geheime Unterlagen aus einem Archiv des Stützpunktes entwendet hat und zur Fahndung ausgerufen wird, flieht Martin, baut aber einen Autounfall und landet im Krankenhaus. Als er aus der Bewusstlosigkeit erwacht, kann er sich plötzlich wieder an alles erinnern und erzählt eine unglaubliche Geschichte über Außerirdische, die die Menschheit vernichten und die Erde erobern wollen, weil ihr Heimatplanet dem Untergang geweiht ist ...

Kritik:

KILLERS FROM SPACE ist ein klassischer Science-Fiction-Film der 1950er Jahre und ein Musterbeispiel für die Kommunismus-Hysterie dieser Zeit. Würde man die Außerirdischen durch Sowjets ersetzen, hätte man einen waschechten Spionagethriller. Der Film bedient brav die dutzendfach gesehenen Handlungsmuster und Klischees des Genres, aber hier gilt mal wieder das gute alte Motto „Besser gut kopiert als schlecht erfunden“. Peter Graves gibt den wider Willen zur Marionette der Aliens umfunktionierten Wissenschaftler routiniert und auch der übrige Cast ist passend besetzt. Das Drehbuch erntet gewiss keinen Preis für Originalität, macht aber auch nichts falsch und strickt aus der simplen Handlung einen soliden Spannungsbogen, den die Regie passabel umsetzt.

Die Außerirdischen kommen einmal mehr als Männer in hautengen Strampelanzügen daher, haben hier aber als besonderes Merkmal riesige Glubschaugen. Bei ihrem Anführer musste ich zunächst schallend lachen, denn der sieht aus, als wäre er die Inspiration für das Gesicht von Buzz Lightyear gewesen:


Für alle, die auf Sci-Fi-Schlunz aus den guten alten 50ern stehen, ist KILLERS FROM SPACE in jedem Fall einen Blick wert.

Dass ich ein fleißiger Konsumierer von Public-Domain-Filmen bin, dürfte mittlerweile deutlich geworden sein. Ich bin halt beruflich viel auf Reisen, und da empfiehlt es sich, für langweilige Abende im Hotel immer ein paar von diesen Filmchen auf der Festplatte zu haben. Auch KILLERS FROM SPACE darf mittlerweile weltweit ohne Rücksicht auf Verluste ausgewertet werden. Das hat man auch fleißig getan. Nicht nur gibt’s den Film halt legal zum Download im Internet und auf diversen Ramsch-DVD-Veröffentlichungen aus Amiland, sondern der Streifen erfuhr das gleiche Schicksal wie die 1976er Hongkong-Produktion TIGER & CRANE FIST. Die nahm sich nämlich im Jahre 2002 der Filmemacher Steve Oedekerk (führte u. a. Regie bei ACE VENTURA 2 - WHEN NATURE CALLS und dem irrwitzigen NOTHING TO LOOSE mit Tim Robbins und Martin Lawrence) vor, drehte neues Material hinzu, ließ Hauptdarsteller Jimmy Wang Yu (THE ONE-ARMED SWORDSMAN) per Computertrick durch sich selbst ersetzen, verpasste dem ganzen eine völlig abgedrehte Ein-Mann-Neusynchro, und fertig war die Kung-Fu-Film-Parodie KUNG POW - ENTER THE FIST. Etwa zeitgleich kam ein gewisser Doug Miles auf die Idee, Ähnliches mit KILLERS FROM SPACE zu veranstalten. Man drehte neues Material hinzu, synchronisierte den ganzen Film komödiantisch neu und brachte das Endprodukt als DON'T ASK DON'T TELL auf den Markt. Ich hab das Ding nie gesehen, aber Gerüchten zufolge soll es nur mäßig gelungen sein. Kein Wunder, denn KILLERS FROM SPACE an sich ist eigentlich schon lustig genug.

DON'T ASK DON'T TELL ist in Deutschland auf DVD von Screen Power erschienen. Die Scheibe hat als Bonus auch die Originalfassung von KILLERS FROM SPACE mit an Bord. Allerdings nur in Englisch ohne Untertitel. Eine deutsche Synchronfassung existiert leider nicht.

Laufzeit: 71 Min. / Freigabe: ungeprüft

Sonntag, 29. Juli 2012

Kommentarfunktion für alle!

Einen wunderschönen guten Abend, liebe Leser!

Falls es in den letzten Tagen seit der Eröffnung dieses Blogs nicht möglich war, Kommentare zu den einzelnen Beiträgen zu hinterlassen, so lag das daran, dass die Kommentarfunktion bisher leider nur für User mit Google-Account freigegeben war. Das war keine Absicht, sondern einzig und allein deshalb so, weil es die Standardeinstellung bei Blogerstellung ist und wir leider noch blutige Anfänger im Blogbetrieb sind. Man möge uns dies nachsehen.

Jedenfalls habe ich die Kommentarfunktion jetzt einfach mal für alle freigegeben. Es sollte lediglich noch eine Sicherheitsabfrage kommen, mit der ihr beweisen müsst, dass ihr keine Maschine seid. Ansonsten fühlt euch bitte frei, unsere Reviews und sonstigen Beiträge nach Herzenslust zu kommentieren, zu loben, zu kritisieren oder einfach nur hallo zu sagen. Wir freuen uns über jedes Feedback.

Bis die Tage.

Euer Stuart Redman

Samstag, 28. Juli 2012

DIE NONNE VON MONZA


LA MONACA DI MONZA
Italien 1969

Regie:
Eriprando Visconti

Darsteller:
Anne Haywood,
Antonio Sabato,
Hardy Krüger,
Margarita Lozano,
Giulio Donnini,
Giovanna Galletti,
Renzo Giovampietro,
Luigi Pistilli



„Aus dem Geheimarchiv des Vatikans, jetzt endlich freigegeben!“
(Warum sollten Kinoplakate lügen?) 


Inhalt:

Äbtissin Virginia de Leyva [Anne Heywood] lässt sich von Pater Paolo Arrigone [Hardy Krüger] erfolgreich bequatschen, dem Lebemann und flüchtigen Mörder Giampaolo Osio [Antonio Sabato] im Kloster Unterschlupf zu gewähren. Dieses hätte sie mal besser gelassen, denn Giampaolo entpuppt sich als dauergeiler Lüstling, der von nun an Tag und Nacht versucht ist, unschuldige Novizinnen zu verführen. Als Virginia ihn deswegen zu verweisen gedenkt, beschwört sie damit eine Katastrophe herauf: Giampolo lauert ihr auf und vergewaltigt die Nonne. Diese ist daraufhin zutiefst verunsichert, empfand sie das Geschehene im Nachhinein doch als gar nicht mal so unprickelnd. Obwohl sie weiß, dass sie sich damit gegen alles stellt, woran sie jemals geglaubt hat, verliebt sie sich in Giampaolo und bringt schließlich sogar ein Kind von ihm zur Welt. Ein Umstand, den die Inquisition nicht gern sieht …

Kritik:

Nunsploitation nennt sich ein Sub-Genre des spekulativen Schmuddelkinos, welches in den 60ern zunächst nur zaghaft ihre Knospen sprießen ließ, um in den folgenden Jahren dann immer wildere und buntere Blüten zu treiben. Eine fehlgeleitete Ordensschwester nach der nächsten durfte über die Leinwand toben, um dem historisch interessierten Publikum die allerneuesten schockierenden Enthüllungen über fürchterliche Freveleien hinter sündigen Klostermauern zu präsentieren. Enthüllt wurde dabei in der Tat nicht unbedingt selten, erwarteten den Betrachter doch überwiegend nicht mehr und nicht weniger als die nacktesten Tatsachen. Vor allem Italien erwies sich dabei in den 70ern als filmische Hochburg: Zum einen verlor der Vatikan zu jener Zeit erheblich an Einfluss, zum anderen hatte man im Stiefelland seit jeher recht wenig Hemmungen, moralisch nicht ganz einwandfreie Ware auf die Leinwand zu hieven. DIE NONNE VON MONZA ist ein noch früher Vertreter dieser Gattung und bedient sich der historisch verbürgten Geschichte Virginia de Levyas, der gefallenen Nonne, die eines Tages das Zölibat Zölibat sein ließ, um sich mit einem Mann zusammenzutun und mit eben jenem schließlich sogar noch Kinder in die Welt zu setzen. Die Kirche, damals diesbezüglich wenig erfreut, ließ daher bald eine Mauer um ihre einstige Dienerin bauen – nicht nur eine des Schweigens.

Geeigneter Stoff also für ein zünftiges cineastisches Schmierenstück. Vor falschen Erwartungen sollte man sich allerdings dennoch hüten. Im Gegensatz zu vielen späteren Beiträgen der Gattung, die deutlich sensationslüsterner zur Sache gingen, hält sich Eriprando Viscontis [→ LA ORCA] Vorreiter nämlich noch recht diskret zurück. Zwar wird auch hier unterschwellig an die niederen Instinkte des Zuschauers appelliert, so richtig getraut, die wilde Drecksau von der Leine zu lassen, hat man sich trotzdem nicht. Stattdessen hüllte man sich in den seriösen Mantel eines vor historischer Kulisse stattfindenden Liebesdramas und heuchelt dabei ein bisschen so etwas wie Bedeutsamkeit. Das Ergebnis ist eine etwas befremdliche Mischung aus Anspruch und Schlüpfrigkeit – recht kurzweilig zwar, doch arg unausgegoren. Das darstellerische Niveau ist dabei überraschend hoch – in Anbetracht der überwiegend sehr banalen Dialoge keine Selbstverständlichkeit. Besonders Anne Heywood [→ EIN MANN GEHT AUFS GANZE] weiß zu gefallen und spielt die schwierige Rolle der leidgeprüften Klosterfrau sehr anständig. Während Hardy Krüger [→ DIE WILDGÄNSE KOMMEN] als undurchsichtiger Priester ebenfalls überzeugen kann, wirkt Antonio Sabatos [→ THE RIFFS II] ständig lüsterner Verführer mit Hang zu Eitelkeit und Gewaltausbrüchen allerdings fast schon lächerlich überzogen.

Als größtes Manko erweist sich allerdings das unausgegorene, vom Regisseur mitverfasste Drehbuch, das seine Charaktere oftmals höchst unnachvollziehbar und widersprüchlich handeln lässt. Selbst, wenn man die abstruse Ausgangssituation, dass eine vergewaltigte Nonne sich in ihren Peiniger verliebt, akzeptieren möchte, geizen die darauf folgenden Ereignisse auch nicht unbedingt mit Merkwürdigkeiten: So verliebt sich offenbar auch der Vergewaltiger in sein Opfer, was ihn jedoch nicht davon abhält, auch weiterhin hinter jedem Rock herzusein, der ihm über den Weg läuft. Dass er schließlich, um den Spaniern zu entkommen, bei seiner Geliebten im Kloster untertaucht (das übrigens direkt neben seinem Haus liegt und daher nicht nur aufgrund der Tatsache, dass von seiner Liaison ohnehin bereits jeder weiß, kein gutes Versteck ist), sich dort zudem äußerst auffällig benimmt und nach Lust und Laune fröhlich ein- und ausspaziert (freilich ohne, dass die Nonnen seinen Aufenthalt dabei bemerken), ist nicht einfach nur unglaubwürdig, sondern schlichtweg hanebüchen (mal ganz abgesehen davon, dass seine Geliebte aufgrund ihres Verhaltens ohnehin schon längst aus dem Orden geflogen wäre, immerhin zieht sie sogar ihr Kind hinter den Klostermauern groß). Da DIE NONNE VON MONZA für sich in Anspruch nimmt, eine wahre Geschichte zu erzählen, fallen derartige Fehlpässe gleich noch mal um so stärker ins Gewicht.

So befindet sich die Handlung trotz aller Anstrengungen, den Eindruck von Authentizität zu erwecken, letzten Endes lediglich auf simplem Groschenroman-Niveau. Unglücklicherweise weiß man der vorherrschenden Trivialität kaum etwas entgegenzusetzen. Auch nicht in Sachen Schaulust, denn Visconti & Co. kurven mit auffallend angezogener Handbremse durch die Klostermauern. Zwar kommt es im Laufe der Handlung auch zu Folterungen, doch diese werden kurz, knapp und kaum selbstzweckhaft abgehandelt und machen den verwöhnten Exploitation-Jünger daher garantiert nicht glücklich. Am grausamsten geriet daher tatsächlich die anfängliche Vergewaltigung. Zwar sieht man auch hier keine Details, doch dafür geriet Anne Heywoods Schauspiel in der Szene sehr intensiv. Auf Nacktheit – egal in welchem Zusammenhang – hofft man hier dennoch ebenfalls vergebens: Die Kutte bleibt an!

DIE NONNE VON MONZA macht es daher am Ende keiner Partei so wirklich recht: Für sabbernde Gore-Bauern gerieten die Ereignisse deutlich zu harmlos, während ein anspruchsvolleres Publikum sich vor allem über die gebotene Oberflächlichkeit echauffieren dürfte. Neben den gelungenen darstellerischen Darbietungen kann ansonsten eigentlich nur noch die überwiegend gekonnt eingefangene Mittelalter-Atmosphäre überzeugen. So bleibt dieser frühe Ausflug in die grausame Welt gepeinigter Pinguine final ein fein ausgestattetes und (besonders in der Hauptrolle) ansprechend gespieltes Liebesdrama, das sich – gehüllt in die ebenso effektvolle wie unaufdringlich-schöne Musik Ennio Morricones [→ AN SEINEN STIEFELN KLEBTE BLUT] – nicht so recht traut, zu seinen spekulativen Tendenzen zu stehen.

Laufzeit: 105 Min. / Freigabe: ab 18

Freitag, 27. Juli 2012

ROLLER BLADE


ROLLER BLADE
USA 1986

Regie:
Donald G. Jackson

Darsteller:
Suzanne Solari,
Jeff Hutchinson,
Shaun Michelle,
Katina Garner,
Sam Mann,
Robby Taylor,
Christopher Douglas-Olen Ray,
Scott Davis



Inhalt:

Wir schreiben das dunkle Zeitalter, sprich: die Postapokalypse. Oder in diesem Fall besser Postapokagrütze. Autos und Flugzeuge gibt es nicht mehr, und so hat sich das Geschmeiß, das den Weltuntergang überstanden hat, ein anderes Fortbewegungsmittel gesucht: Rollschuhe und Skateboards. Harte Währung in der Einöde zwischen kalifornischer Strandpromenade und Schrottplatz sind denn auch nicht etwa Benzin und Öl, sondern Kugellager. Auch für ein paar Batterien wird man schonmal rücksichtslos gemeuchelt, denn schließlich geht Skaten ja nicht ohne Walkman. Beherrscht wird die ganze Schose von dem fiesen Dr. Saticoy (Robby Taylor), einem Ledermaskenfetischisten mit siamesischem Mutanten-Zwilling am rechten Arm. Doch auch die Guten sind nicht fern: Der eherne Recke Marshall Goodman (Jeff Hutchinson) und die Nonnen vom heiligen Orden der Rollerblades unter Führung von Oberin Mother Speed (Katina Garner) tun ihr Bestes, um Recht und Ordnung aufrechtzuerhalten. Dr. Saticoy hat es auf den Energiekristall abgesehen, den die Nonnen als Heiligtum verehren. Der Stein soll dem Fiesbert genug Energie liefern, damit er mit seinem selbstgezimmerten Raketenschlitten die große Schlucht überwinden kann. Auf deren anderer Seite liegt nämlich Mecca Co., das gelobte Land, in dem der Legende nach Waffen ohne Ende zu finden sind. Um seinen finsteren Plan zu verwirklichen, schreckt Saticoy auch nicht davor zurück, Marshall Goodmans kleinen Sohn Chris (Christopher Douglas-Olen Ray) entführen zu lassen. Goodman und die Nonnen lassen nichts unversucht, um den kleinen Nervbolzen aus Saticoys Fängen zu befreien, doch der hat noch einen weiteren Trumpf in der einzigen Hand: Er hat eine Spionin (Shaun Michelle) in den Nonnenorden eingeschleust …

Kritik:

Wem diese Inhaltsangabe noch keinen Eindruck davon vermittelt, mit was für einem Machwerk wir es hier zu tun haben, der sei gewarnt: Das Teil ballert einem mit jeder fortschreitenden Sekunde Laufzeit mehr und mehr die Synapsen aus dem Denkeimer. Wenn man bei ROLLER BLADE sagen wollte, er sei in allen Belangen ein Film aus der untersten Schublade, müsste man für diese Schublade einen Schrank bauen, der ungefähr zweitausend Kilometer tief unter die Erde reicht.

Entstanden ist ROLLER BLADE irgendwo im Dunstkreis von Billigfilmer Fred Olen Ray. Zumindest wird ihm im Abspann gedankt, Sohnemann Christopher durfte die Rolle des kleinen Chris übernehmen und Rays Muse Michelle Bauer (HOLLYWOOD CHAINSAW HOOKERS) ist in einer winzig kleinen Nebenrolle zu sehen, in der sie sich natürlich nackig macht. Ray hat im Laufe seiner Karriere soviel Kappes auf die Menschheit losgelassen, dass selbst dieser Müll hier seinem Image nicht mehr schaden kann. Wie sagte der Mann doch mal in einem Interview (aus dem Gedächtnis zitiert): „Wenn Leute einen Film für 100.000 Dollar drehen und hinterher behaupten, sie hätten einen Film aus Schnürsenkeln gemacht, dann machen wir hier Filme aus dem Papier, in dem sie eingepackt waren.“ Tja, und ROLLER BLADE wurde dann wohl aus dem Abfall hergestellt, der bei der Produktion dieses Papiers übrig geblieben ist. Und um das zu beweisen, wurde gar nicht erst auf Film, sondern direkt auf Videotape gedreht.

Allein das von Regisseur Donald G. Jackson selbst verfasste, vollkommen hirnlose Skript hält schon eine unfassbare Zahl von What-the-f**k?-Momenten bereit. Beispiel gefällig?: Der irre Penner Waco (Hier sind die Namen der Protagonisten durch die Bank Programm, ausser bei Mother Speed, denn die sitzt im Rollstuhl. Mit Rollschuhen natürlich...) (Sam Mann) erhält nach der Entführung von Goodman Jr. nicht etwa die ihm versprochenen Kugellager als Belohnung, sondern einen Pfeil in die Brust, was sein Ableben zur Folge hat. Wenige Minuten später kommt zufällig der heilige Hund (der kann sogar sprechen!) des Nonnenordens vorbei, leckt kurz an der Leiche und erweckt Waco damit wieder zum Leben. Doch kaum ist unser Einkaufswagen-schiebender Freund wieder auf den Beinen, wird er von Mitgliedern der „Skate-or-Die“-Gang direkt wieder dahingemordet. Zum Glück kommt nun gerade Kampfnonne Schwester Sharon Cross (Suzanne Solari) vorbei und kann Waco mittels ihres heiligen Butterfly-Messers (!) ein zweites mal von den Toten zurückholen. Aber zum Unglück des Geschundenen wird der nun ein drittes Mal übel rangenommen. Mit letzter Kraft kann er einer Gruppe prügelwütiger Punks entkommen...

Von allen anderen Aspekten fang ich gar nicht erst an.
Darsteller? Öhm.... Nö.
Kulissen? Welche Kulissen?
Kostüme? Hier durfte wohl Jacksons Mutter beim Fertigen der Nonnenkutten Überstunden an der Nähmaschine schieben. Das Costume Design hat laut Credits ebenfalls Jackson selbst zu verantworten. Hmm. Lässt das Schlüsse auf seine politische Gesinnung zu? Immerhin sehen die Dinger aus wie die Gewänder vom Ku-Klux-Klan …
Effekte? Are you kidding? Baby Saticoy beispielsweise ist ein Handpuppenkopf, den man auf einen stocksteifen Babypuppenkörper montiert hat. Als sich das Vieh am Ende selbständig macht, war vom ohnehin nicht vorhandenen Budget dann natürlich auch kein Cent mehr für Animatronics oder dergleichen übrig, so dass man dieses Gebilde einfach als unbewegliche Marionette durchs Bild zockeln lässt! Und gegen den Raketenschlitten, mit dem Saticoy am Ende seinen Sprung über die Große Schlucht wagt, sieht jede Seifenkiste wie ein Formel-1-Rennwagen aus. Über die „Qualität“ der Rückprojektionseffekte in dieser Szene breite ich dezent den Mantel des Schweigens.
Musik? Waaaaaaaaaaah!
Kamera und Schnitt? Was einem das Drehbuch noch nicht an narrativem Zusammenhang vorenthält, wird spätestens durch die zusammengestümperte Montage der Szenenfolgen bereits im ersten Drittel zunichtegemacht. Ich jedenfalls brauchte einige Zeit, um überhaupt zu raffen, was da eigentlich los ist.

Man fragt sich unweigerlich, ob die Macher sich bewusst waren, was sie da für einen Müll fabrizieren, oder ob sie diese kostbares Videoband verschwendende Gehirnschmelze wirklich ernst gemeint haben. Sollte letzteres der Fall sein, wären sie allesamt definitiv reif für die geschlossene Abteilung der nächsten Klappsmühle gewesen. Aber da Donald G. Jackson später noch solche sehr unterhaltsamen Heuler wie HELL COMES TO FROGTOWN verzapft hat, geh ich mal davon aus, dass der Film tatsächlich ein absichtlicher (schlechter) Witz oder die Männer mit dem Schmetterlingsnetz einfach zu langsam waren.

ROLLER BLADE ist wirklich nur was für ganz hartgesottene Anhänger ganz schlechter Filme. Der gute Commodore Schmidlapp vom sehr empfehlenswerten Trashfilm-Blog Trash-O-Meter versicherte mir zwar, der Film würde bei wiederholtem Ansehen tatsächlich anfangen, so etwas wie Spaß zu machen. Aber ich war nach dem Ding erstmal ein paar Tage nicht mehr fähig, einen klaren Gedanken zu fassen. Offensichtlich gibt es von solchen beinharten Trashonauten mehr, als ich dachte, denn ROLLER BLADE war auf dem Videothekenmarkt wohl ein ziemlicher Erfolg. Immerhin hat Jackson in den Folgejahren noch einige Filme mit ähnlicher Thematik abgedreht (THE ROLLER BLADE SEVEN und zwei Fortsetzungen davon). Eine offizielle DVD-Veröffentlichung steht weltweit noch aus. In den USA gibt es jedoch ein mittlerweile vergriffenes Bootleg, für das beim Amazon-Marketplace allen Ernstes über 100 US-Dollar (!) verlangt werden.

Nachtrag: Im Audiokommentar zu HELL COMES TO FROGTOWN verrät Donald G. Jackson, dass ROLLER BLADE komplett ohne Drehbuch entstanden sei. Das erklärt einiges. 

Laufzeit: 96 Min. / Freigabe: ab 18

Donnerstag, 26. Juli 2012

TÖDLICHE SPIELE


SISTERS OF DEATH
USA 1977

Regie:
Joseph Mazzuca

Darsteller:
Arthur Franz,
Claudia Jennings,
Cheri Howell,
Sherry Boucher,
Paul Carr,
Sherry Alberoni,
Roxanne Albee,
Elizabeth Bergen



Inhalt:

Bei dem Initiationsritus für eine weibliche Studentenverbindung, der „Schwestern“, müssen sich die Anwärterinnen einer ungewöhnlichen Mutprobe stellen: Ihnen wird eine mit einer einzigen Kugel geladene Pistole an den Kopf gehalten und abgedrückt. Eigentlich sollte es sich jedes Mal um eine Platzpatrone handeln, doch bei Liz Clybourn (Elizabeth Bergen) enthält die Waffe plötzlich scharfe Munition, und das Gehirn der jungen Frau fliegt ihren schockierten Mitschwestern um die Ohren. Sieben Jahre später, der Zwischenfall ist als tragischer Unfall zu den Akten gelegt und die Studentenverbindung hat sich aufgelöst, erhalten die fünf ehemaligen Schwestern eine Einladung zu einer Reunion-Feier. Jede im Glauben, eine der anderen vier habe das Treffen organisiert, treffen sich die Frauen vor einem Motel, wo sie von zwei dafür bezahlten männlichen Helfern abgeholt und zu einer abgelegenen Hacienda gebracht werden. In der ersten Nacht wird noch fröhlich gefeiert, doch am nächsten Morgen stellt sich heraus, dass der Gastgeber des Wiedersehens nicht eine der Schwestern selbst, sondern Lizs Vater Edmond Clybourn (Arthur Franz) ist, der fest daran glaubt, dass der Tod seiner Tochter kein Unfall, sondern kaltblütiger Mord war und eine der fünf Frauen die Mörderin ist. Und der verbitterte alte Mann will Rache an der Schuldigen …

Kritik:

SISTERS OF DEATH ist ein recht unausgegorener Thriller, der vor allem an seinem löcherigen Drehbuch krankt. Die Figuren verhalten sich zum Teil reichlich unlogisch und naiv. Zudem sollte man meinen, dass ein Vater, der die Mörderin seiner Tochter überführen will, einen konkreten Plan dafür hat, wie er dies anstellen will. Edmond Clybourn hat offensichtlich keinen. Jedenfalls keinen nachvollziehbaren. Denn nachdem er die fünf Frauen auf seine Hacienda gelockt, dort festgesetzt und ihnen sein Vorhaben eröffnet hat, bleibt er vollkommen untätig. Sein Plan besteht nämlich allen Ernstes darin, dass die Schuldige sich selbst überführen wird, indem sie aus reiner Panik ihre vier Gefährtinnen umbringt. Warum sie das tun sollte, weiß der Himmel, denn irgendwelche Hinweise auf die Schuldige gibt es nicht, so dass sich eigentlich sämtliche Verdächtige in Sicherheit wiegen können. Aber das Vorhaben geht tatsächlich auf. Noch bevor der zweite Morgen graut, haben zwei der Schwestern auf mysteriöse Weise ihr Leben ausgehaucht. Leider resultiert aus der Passivität des Rächers aber auch ein gähnendes Spannungsloch im Mittelteil. Denn nach der Offenbarung über den eigentlichen Anlass der Reunion erwartet man als Zuschauer eigentlich, dass der Plot nun richtig Fahrt aufnimmt. Stattdessen harren sämtliche Protagonisten der Dinge, die da kommen werden und ergehen sich ebenfalls in untätigem Abwarten. Selbst, als die erste Leiche auftaucht, bleiben die Bemühungen der Ladies, das von einem Starkstromzaun eingegrenzte Gelände zu verlassen, reichlich unmotiviert. Erst nach der zweiten Leiche kommt der Film kurz vor Schluss dann doch noch etwas in die Gänge, ergeht sich dann aber in so sinnlosen Handlungssträngen wie der Konstruktion eines SOS-Zeichens für evtl. vorbeifliegende Flugzeuge aus lächerlichen 50 cm (!) hohen Buchstaben, die man aus dem „WELCOME TO THE SISTERS“-Transparent am Buffettisch ausgeschnitten hat. Am Ende schlägt der Film dann bei der Auflösung mehrere Haken, von denen aber bis auf den letzten alle dermaßen unlogisch sind, dass es dem Zuschauer völlig klar ist, dass sie nicht die endgültige Pointe der Geschichte sein können.

Inszenatorisch gibt sich das Werk reichlich behäbig. Tempo ist Joseph Mazzucas Sache nicht. Er will wohl eher Atmosphäre und Spannung erzeugen. Das klappt angesichts oben beschriebener Mängel allerdings so gut wie gar nicht. Der 1922 geborene und 2002 verstorbene Mazzuca hat in seiner Filmographie auch nur eine übersichtliche Zahl von Regiejobs. Vorwiegend für TV-Produktionen. Die meiste Zeit seines Lebens verbrachte er als Production Manager für unzählige TV-Serien.

Die darstellerischen Leistungen sind ebenso unbeeindruckend wie der ganze Rest. Wie Mazzuca verdienten die Schauspieler ihr Brot vorher und hinterher fast durchgehend im Fernsehen. Hauptdarsteller Arthur Franz hatte in den 1970ern seine besten Zeiten längst hinter sich. Spielte er in den 50er Jahren noch in einigen B-Filmen mit, darunter dem Original INVADERS FROM MARS, bestand sein weiteres Schaffen aus Gastrollen in Fernsehserien. Obwohl erst 2006 im Alter von immerhin 86 Jahren verstorben, zog er sich bereits 1982 aus dem Filmgeschäft zurück. Ex-Playmate Claudia Jennings wirkte 1977 noch in einer kleinen Nebenrolle in THE MAN WHO FELL TO EARTH mit David Bowie mit. Es sollte allerdings dann doch nicht der Beginn einer größeren Karriere sein. Jennings starb 1979 bei einem Verkehrsunfall, nachdem sie während der Fahrt am Steuer ihres Wagens eingeschlafen war. Sie wurde nur 29 Jahre alt.

Zusammenfassend muss man leider sagen, dass SISTERS OF DEATH ein Film ist, der nicht fähig ist, seine nette Grundidee zum geschickten Spannungsaufbau zu nutzen, sondern stattdessen ein ums andere Mal die mangelnde Sorgfalt und Naivität seiner Autoren offenbart. Schade drum, denn Potenzial hätte das Ganze in fähigen Händen durchaus gehabt. Dass auch die Macher von ihrem Werk nicht wirklich überzeugt waren, könnte man aus einem interessanten Trivia-Fact schließen, der in der IMDB zu finden ist: Demnach wurde der Film bereits 1972 gedreht, aber erst 1977 veröffentlicht.

In Deutschland gibt es den Film von CMV unter dem Titel DEATH TIME auf DVD. Zur Qualität derselben kann ich nichts sagen. Fakt ist jedoch, dass SISTERS OF DEATH in den USA Public Domain und dort wie üblich nur in übelster Ramschqualität zu haben ist. Davon, dass der Film hierzulande sogar auf dem Index steht, sollte man sich nicht täuschen lassen. Es darf meiner Meinung nach sogar darauf gewettet werden, dass die FSK den Film nach heutigen Maßstäben ab 12 freigeben würde.

Laufzeit: 84 Min. / Freigabe: ab 18

Mittwoch, 25. Juli 2012

EIN MANN WIRD ZUM KILLER


DEATH FORCE
USA, Philippinen 1978

Regie:
Cirio H. Santiago

Darsteller:
James Iglehart,
Carmen Argenziano,
Leon Isaac Kennedy,
Jayne Kennedy,
James Monroe Iglehart,
Armando Federico,
Joonee Gamboa,
Vic Diaz



Inhalt:

Die drei Vietnam-Veteranen Russell (James Iglehart), McGee (Leon Isaac Kennedy) und Morelli (Carmen Argenziano) drehen in Manila für einen chinesischen Gangster ein großes Ding und sahnen kräftig ab. Doch auf dem Heimweg in die Staaten beschließen Morelli und McGee, dass drei einer zu viel sind, stechen Russell hinterrücks ab und werfen seine Leiche über Bord. In L.A. angekommen, nutzen die beiden ihr Startkapital dafür, um sich mit allerlei krummen Geschäften, Erpressung und Mord zu Bossen der Unterwelt aufzuschwingen. Nebenbei macht sich McGee an Russells Witwe, die Nachtclubsängerin Maria (Jayne Kennedy), ran, die er um jeden Preis besitzen will. Zur Not auch mit Gewalt. Was keiner ahnt: Russell ist gar nicht tot. Schwer verwundet wird er an einer abgelegenen Insel an Land gespült und dort von zwei japanischen Soldaten aufgelesen, die nach über 30 Jahren immer noch nicht mitgekriegt haben, dass der Krieg schon lange vorbei ist. Trotzdem pflegen sie den Amerikaner gesund. Der kommandierende Offizier der beiden ist ein Nachfahre der Samurai, und da man auf einer einsamen Insel eh nichts Besseres zu tun hat, erhält Russell eine ausführliche Einweisung in die Kunst des japanischen Schwertkampfes. Als eine amerikanische Patrouille auf der Insel landet, kann Russsell endlich nach Hause zurückkehren. Von nun an gibt es für ihn nur noch einen Gedanken: Rache an seinen Ex-Kumpels Morelli und McGee. Und so schnetzelt sich der Hüne durch die Unterwelt von L.A.

Kritik:

DEATH FORCE (aka FIGHTING MAD, nicht zu verwechseln mit dem Peter-Fonda-Film gleichen Titels) ist eine der unzähligen Billigproduktionen, die findige US-Produzenten im Laufe der 1970er und '80er auf dem im Westpazifik gelegenen Archipel der Philippinen abdrehten. Das Budget von DEATH FORCE dürfte selbst im Verhältnis zur Masse dieser Filme noch eher am unteren Rand angesiedelt gewesen sein, aber immerhin bürgt hier der Name des Regisseurs für ein Mindestmaß an Qualität. Neben Eddie Romero (u. a. WOMEN IN CAGES) war wohl kaum ein philippinischer Filmemacher so vielbeschäftigt wie Cirio H. Santiago. Und das sowohl als Regisseur, wie auch als Produzent und Drehbuchautor. Zu Santiagos Œuvre gehören u. a. Exploitation-Klassiker wie TNT JACKSON und FIRECRACKER. Und wie auch Eddie Romero schaffte es Santiago immer wieder, selbst unter den lausigsten Ausgangsbedingungen das Beste aus einem Film zu machen.

So ist auch DEATH FORCE eine handwerklich solide und spaßige Mischung aus Blaxploitation-Revenge-Thriller und Samurai-Action, in der eigentlich immer irgendwas los ist, so dass sie nie langweilig wird. Der Mittelteil ist stellenweise etwas kitschig geraten und bei den Schwertkampf-Sequenzen sollte man keine allzu ausgefeilten Choreographien erwarten. Aber ansonsten macht Santiago mal wieder alles richtig, um sein Publikum anspruchslos, aber kurzweilig zu unterhalten. Der Blutzoll bleibt insgesamt moderat. Zwar gibt es Einschusslöcher bei Schießereien und im letzten Drittel darf auch schon mal der ein oder andere Kopf seinen angestammten Platz am Ende der Wirbelsäule verlassen, aber solche Sudeleien werden immer nur sekundenbruchteilweise präsentiert.

Auch der Cast passt. James Inglehart gibt den stoischen Rächer Russell grimmig entschlossen. Die Karriere des Akteurs mit der hünenhaften Statur umfasst leider gerade mal sechs Filme und einige Serienepisoden. Am bekanntesten ist bis heute unzweifelhaft seine Hauptrolle in dem ebenfalls von Cirio H. Santiago inszenierten Rebellen-Actioner SAVAGE!. Carmen Argenziano (KNIGHT RIDER 2000) kann als fies-chauvinistischer Mafioso Morelli die Sau rauslassen, und Leon Isaac Kennedy (HAMMER mit Fred Williamson) ist als machtbesessenes Arschloch eine Schau. Jayne Kennedy (THE MUTHERS) darf als Maria gut aussehen und betroffen aus der Wäsche gucken. Beides macht sie überzeugend. Santiagos Stamm-Mime Vic Diaz ist diesmal leider nur in einer winzig kurzen Minirolle als chinesischer Gangsterboss dabei.

In den USA ist DEATH FORCE (in der Regel zu finden unter dem Alternativtitel FIGHTING MAD) Public Domain und somit ganz legal im Internet als Download verfügbar. Natürlich mit den bekannten Einschränkungen bei Bild- und Tonqualität, die auf abgenudeltem VHS-Niveau rangieren. Dementsprechend sehen auch sämtliche DVDs des Films aus.

Laufzeit: 90 Min. / Freigabe: ungeprüft

Dienstag, 24. Juli 2012

HÖLLENHUNDE BELLEN ZUM GEBET


CON LA RABBIA AGLI OCCHI
Italien 1976

Regie:
Antonio Margheriti

Darsteller:
Yul Brynner,
Barbara Bouchet,
Martin Balsam,
Massimo Ranieri,
Giancarlo Sbragia,
Salvatore Borghese,
Giacomo Furia,
Loris Bazzocchi



Inhalt:

Peter Marciani [Yul Brynner] ist Profikiller, wenn auch bereits im Ruhestand. Als er eines Tages jedoch Besuch vom Syndikat bekommt, ist es erstmal Essig mit dem ruhigen Lebensabend: Der Mafia-Scherge steckt ihm im Vertrauen zu, wer für den Tod seines Bruders verantwortlich ist und beauftragt den alternden Auftragsmörder mit der Liquidierung des Schuldigen. Peter reist zwar umgehend nach Neapel, doch die Jahre haben Spuren hinterlassen: Langsam, aber sicher verliert er sein Augenlicht. Durch Zufall macht er jedoch die Bekanntschaft des draufgängerischen Heißsporns Angelo [Massimo Ranieri], der sich seinen Lebensunterhalt dadurch verdient, dass er im Auftrag der Wettmafia mit dem Luftgewehr auf Rennpferde schießt, um somit den Ausgang des Rennes zu beeinflussen. Peter ist Angelos großes Vorbild, möchte er doch genauso berühmt werden in der Szene wie er. Nach anfänglicher Skepsis nimmt Peter ihn unter seine Fittiche und beschließt, ihn zu seinem Nachfolger auszubilden. Doch ein verbissener Kommissar [Martin Balsam] ist den beiden Männern bereits auf ihren blutigen Fersen. 

Kritik:

Antonio Margheriti ist Freunden des italienischen Genrekinos gewiss nicht unbekannt und wird wohl in erster Linie mit den Kriegs- und Söldnerfilmen assoziiert, die der produktive Regisseur ab Beginn der 80er Jahre bevorzugt im philippinischen Dschungel drehte – kostengünstige, aber effektive Abenteuerspektakel wie IM WENDEKREIS DES SÖLDNERS oder GEHEIMCODE: WILDGÄNSE. Tatsächlich aber gab es kaum ein erfolgversprechendes Metier, das Margheriti ausgelassen hat, sei es nun Science-Fiction [→ RAUMSCHIFF ALPHA], Western [→ SATAN DER RACHE] oder Giallo [→ 7 TOTE IN DEN AUGEN DER KATZE]. Im Jahre 1976, also gut fünf Jahre, bevor er anfing, massenweise Miniaturmodelle in die Luft zu sprengen und sich damit bei den Actionfans einen Namen zu machen, inszenierte er mit HÖLLENHUNDE BELLEN ZUM GEBET einen astreinen Beitrag zur Gattung des Killer-Thrillers, in dem eine erfreulich geradlinige Erzählweise auf die bewährte italienische Ruppigkeit trifft.

Die Hauptrolle übernahm der damals bereits über 60 Lenze zählende Hollywood-Haudegen Yul Brynner, der auch zuvor schon mit dem Italo-Kino liebäugelte, als er den Titelpart in dem sarkastischen Western ADIOS, SABATA übernahm. Die Besetzung erweist sich hier als waschechter Glücksgriff, und das nicht nur, weil sein bekannter Name auch für eine anständige Portion internationale Aufmerksamkeit sorgte: Brynners markant-kantiges Antlitz, das kalte Gnadenlosigkeit wie menschliche Wärme gleichermaßen auszustrahlen vermag, ist für die Rolle des alternden stoischen Auftragsmörders geradezu wie geschaffen und man wagt es von Anfang an nicht eine Sekunde, daran zu zweifeln, es bei Peter Marciani mit einem gefährlichen Killer zu tun zu haben. Bereits sein erster Auftritt ist grandios: Lässig hockt er dort am East River, die Angelrute in der Hand, und blickt seinen just hinzugekommenen Auftraggeber kaum von der Seite an. „Ohne mich“, antwortet er ohne Umschweife, als ihm ein neuer Job in Aussicht gestellt wird. Doch als ihm sein Kollege offenbart, dass das neue Ziel der Mörder seines Bruders ist, verfinstert sich seine Miene und er zögert er nicht eine weitere Sekunde: „Adresse? Name?“

Diesem wahrhaft knochentrockenen Auftakt folgt eine konzentriert erzählte Mafia-Story über Ehre, Treue und Verrat, die zwar alle erdenklichen inhaltlichen und personellen Stereotypen bedient, ihr Publikum jedoch aufgrund ihrer fesselnden Narration bis zum melancholisch angehauchten Finale halten kann. Actionmäßig wird dabei eher auf Sparflamme gekocht. Zwar kommt es hin und wieder mal zu Schlagabtauschen oder Verfolgungsjagden und auch ein paar Kugeln treffen durchaus ihr Ziel, im Mittelpunkt jedoch stehen stets die handelnden Figuren und ihre Beziehungen zueinander. Das gilt besonders, nachdem Marciani auf seinen Schützling Angelo trifft, der von Massimo Ranieri [→ MORDANKLAGE GEGEN EINEN STUDENTEN] mit glaubwürdigem jugendlichem Übermut zum Leben erweckt wird. Der junge Heißsporn möchte zwar ausgebildet werden in der Kunst des Tötens, schlägt aber zu oft über die Stränge und muss sich den Respekt des alten Mannes jedoch erst noch verdienen.

Von der Thematik her erinnert in ihren Grundzügen natürlich stark an den vier Jahre zuvor entstandenen amerikanischen Reißer KALTER HAUCH, in welchem Charles Bronson in einer sehr ähnlich angelegten Rolle einen in die Jahre gekommenen Killer verkörperte, der ebenfalls einen jugendlichen Nachfolger unter seine Fittiche nimmt und ihm das Morden beibringt. Angesichts der Tatsache, dass die italienischen Filmschaffenden wahre Meister darin waren, ausländische Erfolgsrezepte zu adaptieren und neu aufzukochen, sind diese Parallelen gewiss auch kein Zufall. Doch HÖLLENHUNDE BELLEN ZUM GEBET ist weit davon entfernt, bloß eine simple Kopie zu sein und entwickelt sich letztendlich in eine ganz andere Richtung. Während sich Bronsons Schüler schnell als Sadist entpuppt, der sich schließlich gegen seinen Meister stellt, bleibt Brynners Zögling trotz seiner amoralischen Absichten bis zum Schluss eine Sympathiefigur, die ihrem großen Vorbild im weiteren Verlaufe immer ähnlicher wird.

Auch wurde der rauen Mörderhatz ein weiterer interessanter Aspekt hinzugefügt: So verliert der Auftragsmörder in regelmäßigen Abständen sein Augenlicht und droht zu erblinden. Doch scheinen diese Symptome eher psychologisch bedingt zu sein. „Mehr als jedes andere Organ des menschlichen Körpers kann der Sehnerv von schrecklichen Erlebnissen der Vergangenheit beeinflusst werden“, erklärt ihm sein Arzt, während man in einer Rückblende Zeuge der Ermordung von Marcianis Bruder wird. Das klingt in medizinischer Hinsicht zwar nicht unbedingt plausibel, besitzt dafür jedoch einen hohen symbolischen Wert: Das traumatische Ereignis, dem Tod des Bruders beiwohnen zu müssen, lastet dermaßen auf der Psyche des Killers, dass er seine Arbeit, die er eigentlich in eiskalter Perfektion beherrscht, nicht mehr korrekt ausführen kann. Ein gelungener dramaturgischer Kniff, der zu einigen zusätzlichen Spannungsmomenten führt.

Als ermittelnder Kommissar (der bis zum Schluss namenlos bleibt) agiert neben Yul Brynner mit Martin Balsam ein weiterer US-Import, der einerseits in Meisterwerken wie PSYCHO oder EIN KÖDER FÜR DIE BESTIE mit von der Partie war, sich es jedoch ebenfalls nicht nehmen ließ, sein Gesicht in regelmäßigen Abständen dem Italo-Kino zur Verfügung zu stellen und dabei zur Not auch fröhlichen Unfug wie ZWIEBEL-JACK RÄUMT AUF in seine Vita aufnahm. Auch Balsam überzeugt voll und ganz als bärbeißiger Gesetzesdiener; sein Gespräch mit Yul Brynner, in dem beide Parteien sich belauern und gegenseitig die Bälle zuspielen, geriet zu einem der darstellerischen Höhepunkte. Für die weibliche Note im Geschehen sorgt die in Deutschland geborene Barbara Bouchet [→ DER CLAN DER KILLER], die erst einen Striptease hinlegen darf, bevor sie, wenn auch vom Drehbuch etwas unzureichend motiviert begründet, dem Profikiller schöne Augen machen darf. Obwohl ihre Figur kaum mehr ist, als ein fast schon verärgernd simpel entworfenes Frauenklischee, beeindruckt auch sie durch Schönheit und Schauspiel gleichermaßen.

Auch an anderen Stellen tummeln sich Gesichter, die bei Fans des europäischen Kinos immer wieder gern gesehen werden, sei es Luigi Bonos [→ DJANGO – SCHIESS MIR DAS LIED VOM STERBEN] oder Charakterfresse Salvatore Borghese [→ DREI SPAGHETTI IN SHANGHAI] in einer für ihn typischen Paraderolle als Mafia-Killer Vincent. Dazu gesellen sich ein überaus sauber ins Ohr gehender Soundtrack von Guido und Mauritio de Angelis (die Stammkomponisten für die Bud-Spencer- und Terence-Hill-Streifen) und eine ausgezeichnete Kameraführung von Sergio D'Offizi [→ DAS GOLD VON SAM COOPER], die das Werk vortrefflich abrundet. Auch, wenn der hier skizzierte Blick auf die Mafia und ihre Mitglieder in manchen Momenten einen etwas arg naiven Eindruck macht, bietet DEATH RAGE (so der Titel der alternativen US-Schnittfassung) durch und durch vorzügliche Unterhaltung mit einer geschickt dosierten Mischung aus Ruhe und Randale.

Für Yul Brynner wurde es die letzte Rolle überhaupt – 1985 starb er an einer heimtückischen Krankheit. HÖLLENHUNDE BELLEN ZUM GEBET ist ein Abgang, für den man sich wahrlich nicht zu schämen braucht, ein würdevolles Alterswerk aus der zweiten Reihe – ruppig, spröde und von angenehm zynischem Einschlag. Gut gebellt, Brynner!

Laufzeit: 98 Min. / Freigabe: ab 18

Montag, 23. Juli 2012

DEEP GOLD


DEEP GOLD
Philippinen 2011

Regie:
Michael Gleissner

Darsteller:
Bebe Pham,
Jaymee Ong,
Jack Prinya,
Michael Gleissner,
Amelia Jackson-Gray,
Laury Prudent,
Kersten Hui,
Marketa Belonoha



Inhalt:

Eigentlich will Amy (Bebe Pham) mit ihrem Freund Tony (Jack Prinya) an diesem Wochenende nur ihren neu aufgestellten Weltrekord im Freitauchen feiern, doch der Gute arbeitet für die Air Force und wird unversehens zu einem Spezialauftrag herangezogen: Er soll als Pilot eine tonnenschwere Ladung Gold von der Insel Cebu nach Manila transportieren. Aber schon wenige Minuten nach dem Start weicht die Maschine plötzlich vom Kurs ab und stürzt ins Meer. Das Wrack samt Goldladung bleibt verschollen. Als Amy von dem Vorfall erfährt, ist sie natürlich entsetzt, denn nicht nur wird Tony vermisst, sondern darüber hinaus auch noch verdächtigt, etwas mit dem Verschwinden des Goldes zu tun zu haben. Er und Amy stecken nämlich in nicht unerheblichen finanziellen Schwierigkeiten. Entschlossen machen sich Amy und ihre Schwester Jess (Jaymee Ong) auf, das Flugzeugwrack zu finden und Tonys Unschuld zu beweisen. Dabei kommen ihnen allerdings jede Menge finstere Gestalten in die Quere, die auch vor Mord nicht zurückschrecken. Unterstützung finden die beiden Frauen in dem Journalisten Benny (Michael Gleissner) und seiner Frau Claire (Amelia Jackson-Gray). Doch spielen die beiden wirklich mit offenen Karten?

Kritik:

Drei Jahre dauerte es seit der ersten Ankündigung, bis das auf den Philippinen gedrehte Actionabenteuer des gebürtig aus Regensburg stammenden Entrepreneurs Michael Gleissner endlich das Licht eines Filmprojektors erblickte. Immer wieder wurde der Starttermin verschoben, verzögerten sich die Dreharbeiten, wurden Nachdrehs anberaumt und der Film im letzten Augenblick noch mal eben auf 3D hochkonvertiert. Zwischendurch hörte man gar so lang nichts mehr von dem Projekt, dass man schon vermutete, der Independent-Firma Bigfoot Entertainment sei das Geld ausgegangen und der Film auf halbem Wege gestorben. Michael Gleissner beteuerte schließlich auf seiner Homepage, dass dem nicht so sei. Eine Filmproduktion sei aber nun mal keine Würstchenfabrik (sic). Im April 2011 konnte das Werk dann endlich in den USA seine Premiere feiern und kam einige Monate später auch auf den Philippinen in die Lichtspielhäuser.

DEEP GOLD stellt an sich selbst nur einen Anspruch: nämlich anspruchslos zu unterhalten. Nicht mehr und nicht weniger. Und gleich vorweg: Das schafft der Film auch. Aber auch nicht mehr und nicht weniger.

Das Drehbuch ist die reine Zweckmäßigkeit. Die Story ist zwar nicht immer logisch, leistet sich aber auch keine allzu großen Facepalm-Momente. Zudem kommt der Film auch recht schnell in Gang. Die Geschichte schreitet zügig voran, hält sich nie länger auf als notwendig, und es ist eigentlich immer was los, so dass zumindest keine Langeweile aufkommt. Schade ist eigentlich nur, dass das Geschehen vollständig vorhersehbar vor sich hin dümpelt. Keine der ohnehin spärlichen zwei oder drei Storytwists kommt auch nur im mindesten überraschend. Die Figuren sind durch die Bank nur Staffage. Sie erfüllen ihren Zweck, indem sie durch ihre Handlungen den Plot voranbringen. Aber mit so etwas wie Charakterzeichnung oder gar Charakterentwicklung gibt sich Michael Gleissner zu keiner Sekunde ab.

Im Grunde ist das aber auch wieder ein Vorteil, denn Gleissners größtes Problem ist, dass er keinen einzigen Darsteller an der Hand hat, der seine Rolle auch nur halbwegs glaubwürdig spielen könnte. Hätte er dann auch noch von ihnen verlangt, ihren Figuren Persönlichkeiten und Tiefgang zu verleihen, es wäre ganz sicher im Fiasko geendet. Bebe Pham und Jaymee Ong sehen zwar beide ziemlich lecker aus, liefern ansonsten aber allenfalls Leistungen auf Amateurniveau (und sind zudem noch eindeutig nachträglich synchronisiert worden). Der Regisseur ließ es sich nicht nehmen, den Bösewicht gleich selbst zu spielen. Zum Glück besann er sich dabei darauf, dass weniger mehr ist, so dass sein Benny Simpson zwar etwas hölzern wirkt aber zumindest nicht zur Karikatur verkommt. Außerdem ist die Rolle erfrischend straight angelegt, d. h. hier werden keine großen Reden geschwungen und irgendwelche Pläne erklärt, sondern Benny tut, was getan werden muss.

Das Stichwort Amateurniveau gilt auch für den restlichen Cast, der sich stets bemüht aber nie wirklich überzeugend durch seine auf Zweckmäßigkeit bedachten Dialoge hangelt. Womit DEEP GOLD aber definitiv punkten kann, sind schöne Bilder und stylische Actionsequenzen. Hier ist Gleissner in seinem Element. Beim Einfangen der Schauplätze lässt er nichts unversucht, um mit Kamerafahrten, Kran- und Helikopteraufnahmen stets ein Maximum an Bildwirkung zu generieren. Hier zeigt sich die Erfahrung, die Gleissner über Jahre hinweg als Fotograf gesammelt hat. Für die Choreographie der Actionszenen konnte man mit Ailen Sit einen erfahrenen Mann aus Hongkong gewinnen, der die philippinischen Stuntmen, aber auch die Darsteller, die einen Gutteil ihrer Stunts selbst ausführen, zu anständigen Leistungen angetrieben hat. Eine Autoverfolgung, eine Schlägerei in einer Bibliothek und diverse Unterwasserszenen gehören zu den Schauwerten des Films. Wer also auf anspruchsloses Action-Abenteuerkino steht, das außer Hochglanzbildern und guter Action nichts weiter Erwähnenswertes zu bieten hat, der ist hier genau richtig.

Fürs Heimkino gibt es den Film in den USA als 2D-Blu-ray, als 3D-Blu-ray und als DVD. Gesichtet wurde für dieses Review die 2D-Blu-ray (da der Film eh nicht in 3D gedreht, sondern lediglich nachträglich konvertiert wurde, reicht diese auch völlig aus). Die Scheibe ist codefree. Das Bild in 1080p leidet allerdings unter stellenweise extremem Einsatz digitaler Rauschfilter. Totalen sind recht scharf und detailreich, aber bei Halbtotalen und Nahaufnahmen legt sich ein wächserner Schleier über das Bild, der Gesichter unnatürlich glattgebügelt aussehen lässt. Tonspuren sind in DTS-HD 5.1 und DD Stereo vorhanden. Als Bonus gibt es ein von Michael Gleissner selbst moderiertes, recht interessantes Making-Of (26 Minuten). Schade, dass es die zahlreichen Trailer zum Film nicht mit auf die Scheibe geschafft haben. Erschienen ist die Scheibe direkt von Bigfoot Entertainment, weshalb sie wohl auch nicht überall zu kriegen ist. Aber auf der Homepage der Firma selbst, bei Amazon.com oder auch bei Ebay ist sie problemlos zu ordern. Eine deutsche Veröffentlichung steht bisher noch aus.

Laufzeit: 85 Min. / Freigabe: ungeprüft

Sonntag, 22. Juli 2012

DAS DSCHUNGELBUCH


THE JUNGLE BOOK
USA 1942

Regie:
Zoltan Korda

Darsteller:
Sabu,
Joseph Calleila,
John Qualen,
Frank Puglia,
Rosemary DeCamp,
Patricia O'Rourke,
Ralph Byrd,
John Mather



Inhalt:

Eine Siedlung tief im indischen Dschungel: Bei einem Angriff des menschenfressenden Tigers Shir Khan wird der kleine Nathoo in der ausbrechenden Panik von seiner Mutter getrennt. Das Kind verirrt sich in eine Höhle, in der ein Rudel Wölfe lebt, und wird fortan von diesen aufgezogen. Die Dorfbewohner glauben, es sei von Shir Khan getötet und fortgeschleppt worden. Jahre später. Aus Nathoo ist ein stattlicher Junge (Sabu) geworden, der gleichberechtigt unter den Tieren lebt, ihre Sprache beherrscht und den sie Mowgli, kleiner Frosch, nennen. Beim Durchstreifen des Dschungels gerät Mowgli zufällig wieder in die Nähe der Menschensiedlung, die mittlerweile zu einer Stadt geworden ist. Er wird von den Bewohnern entdeckt und in die Stadt gebracht. Während einige der Menschen in dem Jungen den lange verschollenen Nathoo zu erkennen glauben, stehen ihm andere feindselig gegenüber. Insbesondere der zwielichtige Buldeo (Joseph Calleia) hält Mowgli für einen bösen Dämon und will ihn fortjagen. Doch seine Mutter (Rosemary DeCamp), die ihn zunächst ebenfalls nicht als ihr Kind erkennt, nimmt sich des Jungen an. Und so bleibt Mowgli bei den Menschen und lernt ihre Sitten und ihre Sprache, doch zieht es ihn immer wieder zurück in den Dschungel. Sein größter Feind ist und bleibt der Tiger Shir Khan, den er um jeden Preis besiegen will. Mowgli besorgt sich ein Messer und macht sich auf die Jagd nach dem Untier. Tatsächlich gelingt es ihm, den Tiger zu töten. Zwischen Mowgli und dem Mädchen Mahala (Patricia O'Rourke), der Tocher Buledos, entwickelt sich eine zarte Liebe, und als Mowgli ihr eines Tages die Geheimnisse des Dschungels zeigen will, stoßen sie auf eine lange versunkene Stadt und darin auf einen enormen Goldschatz. Mahala nimmt eine Goldmünze mit nach Hause, was zur Folge hat, dass Buldeo von dem Schatz erfährt. Gepackt von der Gier nach Reichtum und Macht macht er sich mit zwei weiteren Männern auf die Suche nach der versunkenen Stadt. Aber das Gold bringt Zwietracht und Hass über die Männer, und sie beginnen, sich gegenseitig umzubringen. Mowgli und seine tierischen Freunde versuchen, die Männer von ihrem bösen Treiben abzubringen, doch in seinem Wahn glaubt Buldeo, Mowgli könne sich in Tiere verwandeln und wolle auch ihm ans Leben. Er sieht darin seinen Verdacht bestätigt, Mowgli sei ein böser Dämon und sieht nur einen Weg, diesen zu bezwingen: den Dschungel in Brand zu setzen. Nur mit knapper Not können sich Mensch und Tier retten. Mowgli erkennt die Schlechtigkeit der Menschen und entschließt sich, in den Dschungel zurückzukehren … 

Kritik:

Neben Walt Disneys Zeichentrickversion von 1967 ist diese Realverfilmung von 1942 die wohl bekannteste Verfilmung des Buchklassikers von Rudyard Kipling. In farbenprächtigen Technicolor-Bilder zauberte Regisseur Zoltan Korda, unterstützt von seinen Brüdern Alexander (Produzent) und Vincent (Ausstattung), die Abenteuergeschichte aus dem indischen Dschungel auf die Leinwand. Die mit viel Liebe zum Detail gestalteten Dschungelpanoramen, entstanden in einer Mischung aus Studiokulissen, Mattepaintings, Modellbauten und Rückprojektionen, wissen auch heute noch zu faszinieren. Nicht umsonst gab es Oscar-Nominierungen für die Ausstattung sowie die Effekte. Für Production Designer Vincent Korda war es nicht die erste Nominierung. Ebenso wenig für den Effekttechniker Lawrence W. Butler. Beide hatten den Oscar bereits zwei Jahre zuvor für das Orient-Märchen DER DIEB VON BAGDAD erhalten. Zwei weitere Nominierungen bei den Academy Awards bekam DAS DSCHUNGELBUCH für die Leistung von Kameramann W. Howard Greene und die wunderschöne Musik des aus Ungarn stammenden Komponisten Miklós Rózsa. Greene sollte die Trophäe ein Jahr später für Universals DAS PHANTOM DER OPER entgegennehmen, während Miklós Rózsa, der ebenfalls schon für DER DIEB VON BAGDAD nominiert gewesen war, aber nicht gewonnen hatte, nach einigen weiteren Nominierungen in den Folgejahren schließlich 1960 für BEN-HUR ausgezeichnet wurde.

Dass die Technik der 1940er Jahre mit heutigen Sehgewohnheiten nicht mehr mithalten kann, dürfte jedem klar sein. Einem Film wie THE JUNGLE BOOK aber daraus einen Vorwurf zu machen, wäre in keiner Weise gerechtfertigt. Ja, die Kulissen sehen jederzeit wie Kulissen aus. Ja, neben echten Tieraufnahmen finden sich hier auch deutlich erkennbare animatronische Puppen (das Krokodil oder die Riesenschlange Kaa) oder sogar eine an sichtbaren Bindfäden hängende Kobra. Und ja: Bis auf Sabu sehen sämtliche Darsteller nicht aus wie Inder, sondern wie mit brauner Schminke und falschen Bärten angemalte Kaukasier. Aber das nimmt man als Zuschauer gern in Kauf, weil es zum nostalgischen Flair eines so alten Films dazugehört. Die Suspension of Disbelief, oder, wie es Wikipedia so schön übersetzt, die Willentliche Aussetzung der Ungläubigkeit wird hier mit viel Herz und Charme dazu genutzt, eine märchenhafte Stimmung zu erzeugen und dem Zuschauer mit den damals verfügbaren technischen Mitteln eine fantastische Geschichte zu erzählen.

Inwiefern diese Geschichte Rudyard Kiplings Vorlage entspricht, kann ich nicht sagen, da ich diese bisher nicht gelesen habe (obwohl die Dschungelbücher schon seit längerem auf der Merkliste meines Amazon-Einkaufswagens vor sich hin schlummern). Aber für sich genommen kann sie im Film durchaus überzeugen. Die Dramaturgie bettet die Geschehnisse in eine Rahmenhandlung ein, in der Buldeo als geläuterter alter Mann die Geschichte von Mowgli erzählt. In seiner Figur zentriert sich auch die Moral der Geschichte. Am Ende ist er ein armer Mann, hat, statt Reichtum und Ruhm zu ernten, all seine Habe verloren. Misstrauen und Gier, so will uns der Film verdeutlichen, führen zu Hass und Gewalt, die letztendlich den ganzen Dschungel in Gefahr bringt. Was dann in einem gewaltigen Feuer auch geschieht. Etwas aufgesetzt wirkt in Bezug auf diese Rahmenhandlung der wohl kommerziellen Interessen geschuldete Cliffhanger. Danach gefragt, wie es ihm denn nach der Feuerkatastrophe weiter ergangen und was aus Mowgli nach dessen Rückkehr in den Dschungel geworden sei, antwortet Buldeo augenzwinkernd, das sei eine andere Geschichte. Ein Wink mit dem Zaunpfahl in Richtung einer Fortsetzung, die es leider nie gab. In allen anderen Aspekten ist DAS DSCHUNGELBUCH aber zurecht ein Klassiker des Hollywood-Kinos, ein vergnüglicher Film für Jung und Alt.

Leider wurde dieser Klassiker lange Zeit nur sehr stiefmütterlich behandelt. In den USA lief irgendwann das Copyright aus und der Film wurde Public Domain, was zur Folge hatte, dass es von ihm unzählige Ramschveröffentlichungen in übelster Bildqualität gab. Auch in Deutschland erging es Kordas Werk nicht viel besser. Im Fernsehen lief überwiegend nur eine gekürzte Fassung, die ebenfalls auf Video und DVD erschien. Zudem wurde in den 80er-Jahren eine qualitativ minderwertige Neusynchronisation angefertigt, die jeglichen Charme des Werkes im Keim erstickt. 2012 erschien endlich eine restaurierte Fassung auf DVD, die zwar das stolze Alter von immerhin 70 Jahren nicht gänzlich verbergen kann, aber über weite Strecken doch sehr gut ausschaut. Die unter dem Titel MOGLI – DER DSCHUNGELKÖNIG erschienene DVD dieser Fassung beinhalten erfreulicherweise neben der Videosynchro auch die vollständige alte Kinosynchro. Diese war zwar bisher auch in den TV-Ausstrahlungen zu hören gewesen, jedoch dort immer nur unvollständig aufgrund der vorgenommenen Schnitte. Englischer Originalton ist ebenfalls vorhanden. Als Extras stehen der deutsche sowie der englische Trailer und eine Bildergalerie zur Verfügung. Ein Wendecover ohne FSK-Logo darf auch als Pluspunkt gewertet werden.

Laufzeit: 101 Min. / Freigabe: ab 6