Eigene Forschungen

Sonntag, 12. April 2015

SHOOTOUT - KEINE GNADE


BULLET TO THE HEAD
USA 2012

Regie:
Walter Hill

Darsteller:
Sylvester Stallone,
Sung Kang,
Jason Momoa,
Christian Slater,
Sarah Shahi,
Adewale Akinnuoye-Agbaje,
Jon Seda,
Holt McCallany



Inhalt:

Jimmy Bobo [Sylvester Stallone] und sein Partner Louis Blanchard [Jon Seda] sind Auftragskiller. Als sie den Auftrag erhalten, einen korrupten Polizisten kaltzumachen, wird der Job zwar mit gewohnter Präzision erledigt, doch als sie ihren Lohn in Empfang nehmen möchten, taucht ein weiterer Killer auf. Louis überlebt die Attacke nicht; Jimmy hegt Rachegelüste. Dabei trifft er auf den jungen Polizisten Taylor Kwon [Sung Kang], der den Tod seines Kollegen gesühnt haben möchte. Der Killer und der Cop raufen sich zusammen und suchen leichenreich nach dem Auftraggeber. Diesen finden sie bald in Gestalt des reichen Unternehmers Morel [Adewale Akinnuoye-Agbaje], der ein ganzes Wohnviertel dem Erdboden gleich machen möchte, um auf dem Gelände Supermärkte und Eigentumswohnungen zu errichten. 

Kritik:

Walter Hill, das ist ein Name, der in den 80er (und mit Einschränkungen auch noch in den 90er) Jahren für staubtrockenes, geerdetes Action-Entertainment stand, bei dem in der Regel erst geschossen und dann gefragt wurde. Das nannte sich dann NUR 48 STUNDEN, AUSGELÖSCHT oder LAST MAN STANDING und bestach durch dünne Storys, deftige Einzeiler und beträchtlichen Blutzoll. Im folgenden Jahrtausend wurde es dann sehr ruhig um den einstigen Erfolgsregisseur, bis er 2012 quasi wie aus dem Nichts wieder auf der Matte stand, um mit seinem Spätwerk BULLET TO THE HEAD so zu tun, als wäre die Zeit in all den Jahren einfach stehengeblieben. 'Zurück zu den Wurzeln' lautete das Motto, weg vom pixelgestützten Digital-Tumult, hin zum handfesten Haudrauf-Spektakel. Dass dabei ausgerechnet Sylvester Stallone die Hauptrolle bekleidet, ist natürlich kein Zufall: Der Action-Altstar propagandierte nach langer cineastischer Durststrecke die Rückkehr zu alten Tugenden, kehrte als ROCKY BALBOA und JOHN RAMBO in seine Paraderollen zurück und trommelte die EXPENDABLES zusammen, um mal mehr, mal weniger gelungene Reminiszenzen an vergangene Zeiten abzufeuern.

Das Aufbäumen gegen Verschleiß und Veränderung erreicht mit BULLET TO THE HEAD (der fürs deutsche Publikum unnötigerweise in SHOOTOUT umgetauft wurde) einen fast schon an Verzweiflung grenzenden Höhepunkt, merkt man doch deutlich, wie verkrampft man hier bemüht war, die 'Old School'-Fahne hochzuhalten. Das mag zwar ein gut gemeinter Fan-Service für Alteingesessene und Traditionalisten sein, geht über einen großen Zeitraum jedoch zu Lasten von Eigenständigkeit und Innovation. Das beginnt bereits bei der mehr als simpel erdachten Alibihandlung, die man von quasi jeglicher Ablenkung befreit hat. Was andernorts gewiss auch positiv bewertet werden darf, wird hier zum großen Defizit, hatte Autor Alessandra Camon der grassierenden Inhaltsarmut doch kaum etwas entgegenzusetzen. Die Ereignisse entwickeln sich fast sträflich absehbar und auf sattsam ausgetretenen Pfaden. Dass man für eine derartige Reißbrett-Story, die jeder Praktikant in der Mittagspause zu Papier bringen könnte, sogar eine Comic-Vorlage bemühen musste, ist durchaus einen Lacher wert.

So hatte man dann auch auffallend Mühe, das Geschehen auf eine zumindest leidlich akzeptable Lauflänge zu zerren. Immer wieder kutschieren Stallone und sein Partner deshalb durch die Gegend und überbrücken die Zeit zwischen den einzelnen Stationen durch gezwungen humorvolle Streitgespräche, bevor Kwon sein Smartphone (eines der wenigen Zugeständnisse an die Neuzeit) zückt, um im Nullkommanichts alle benötigten Informationen über den nächsten Bösewicht abzurufen. Der folgende Besuch bei selbigem endet dann in der Regel mit einem zünftigen Schlagabtausch, der dann immerhin überzeugend und mit angenehm-altmodischer Grobheit in Szene gesetzt wurde. Diese Ruppigkeit ist es dann auch, die BULLET TO THE HEAD bei aller Belanglosigkeit zu seinem Unterhaltungswert verhilft: Es wird geschossen, gestochen, gestorben – und der erste Warnschuss geht meistens direkt in den Kopf. Die Choreographie ist anständig, der Ton kompromisslos und die Aktionen angenehm bodenständig und frei von neuzeitlicher Übertreibung.

In solchen Momenten wird einem bewusst, wie viel Potential hier eigentlich verschenkt wurde. Gewiss hätte es kaum zur großen Genre-Revolution gereicht, doch mit etwas mehr Feinjustierung wäre eine saubere Action-Hommage dabei herausgekommen. Doch wurden so ziemlich sämtliche Möglichkeiten zur Erschaffung interessanter Figuren vertan, und das, obwohl Ideen zumindest im Ansatz vorhanden waren (so bringt Stallones Jimmy stets seinen eigenen Schnaps mit in die Bar, weil seine Lieblingsmarke kein Schwein kennt). Auch die 'Buddy'-Komponente, also das Konzept, zwei grundverschiedene Charaktere aufeinanderprallen zu lassen, zwischen denen aller Differenzen zum Trotze am Ende eine respektierende Freundschaft erwächst, die der Regisseur in früheren Arbeiten wie NUR 48 STUNDEN oder RED HEAT mit solch selbstverständlicher Leichtigkeit beherrschte, wurde kaum genutzt, obwohl mit Sung Kang (der zudem die Brücke zum jüngeren FAST & FURIOUS-Publikum schlägt) ein durchaus geeigneter Kandidat vorhanden war.

Auch an anderer Stelle blitzen hin und wieder interessante Aspekte auf, die der ganzen Sache zusätzliches Pfeffer hätten verleihen können, würden sie nicht sang- und klanglos wieder fallengelassen werden. So bewegt sich das Geschehen einen Moment lang kurz in Richtung des klassischen Cop-Thrillers, schneidet kurz das Thema der Korruption im Polizeiapparat an, widmet sich dann aber, als hätte man Angst davor, den straffen Faden zu verlieren, doch wieder dem erzählerischen Alltag. Und dieser besteht nun mal aus einem Sylvester Stallone, der nach altbekannter Manier aus der Wäsche guckt, als könnte er seit geraumer Zeit nicht mehr anständig aufs Klo gehen, und einem ganzen Sack voller Gegner, die so klischeehaft gezeichnet sind, dass sie zu keinem Zeitpunkt als ernsthafte Bedrohung durchgehen. Überraschend uninspiriert geriet dabei vor allem die Rolle des eigentlich gern gesehenen Christian Slater, der als windiger Winkeladvokat eine sehr lustlose Darstellung hinlegt. Nun war Slater zu dem Zeitpunkt schon längst nicht mehr der Star, der einst in Krachern wie BROKEN ARROW vor jugendlicher Energie sprühte (sondern stattdessen Dauergast in minderwertigen Videopremieren), dennoch (oder gerade deswegen) wäre selbst bei einer solch eindimensionalen Figur ein wenig mehr Engagement wünschenswert gewesen.


Jason Momoa, der durch den TV-Hit GAME OF THRONES als grobschlächtiger Haudrauf mit furchteinflößender Physis bekannt wurde, gibt – aufgrund einer albern erdachten Wendung, die praktischerweise einen Großteil der Kontrahenten Stallones ausschaltet – schließlich Jimmys Endgegner Keegan – ein primitiver Schläger mit deutlich mehr Muskel- als Hirnmasse, der den Kampf anstatt mit Feuerwaffen lieber mit mittelalterlichen Streitäxten ausfechten möchte. Und Adewale Akinnuoye-Agbaje [→ KILLER ELITE] als skrupelloser Unternehmer Morel wirkt in seiner Motivation nicht nur recht ziellos, sondern scheint auch keine Ahnung davon zu haben, dass man den Inhalt eines USB-Sticks mit Leichtigkeit kopieren könnte – womöglich ebenfalls eine Anspielung auf die technikunerfahrenen 80er Jahre, vermutlich jedoch nur ein weiterer Fauxpas eines Drehbuchs, das sich um Dinge wie Schlüssigkeit nur wenig scherte, solang ein Sylvester Stallone nur genügend Leute zum Plattmachen findet.

Actionfans alter Schule können sich BULLET TO THE HEAD trotz aller Defizite durchaus mal gefallen lassen: In schwülem Ambiente, von staubigem Stoner Rock begleitet, erzählt Walter Hill ein der Zeit entrücktes Mordspektakel, das auch den Trend bescheuerter Stallone-Rollennamen (auf so etwas wie 'Jimmy Bobo' muss man erstmal kommen) nahtlos fortsetzt. Im Vergleich mit dem zeitnah gestarteten, wesentlich versierterem THE LAST STAND, welcher mit Arnold Schwarzenegger in der Hauptrolle ebenfalls dem klassischen Actionkino Tribut zollt, muss Stallones Auftritt jedoch zurückstecken und wirkt durch sein fast schon trotziges Schwelgen in vergangenen Tagen wie eine ewig gestrige Kopie einstiger Erfolge, die keinen wirklich überzeugenden Grund liefert, nicht lieber zu einem der Originale zu greifen.


Laufzeit: 91 Min. / Freigabe: ab 16

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