Eigene Forschungen

Dienstag, 26. Mai 2015

DER CLAN DER NINJA


SUI SI SAN CHUEN
Taiwan 1981

Regie:
Philip Kwok

Darsteller:
Lu Feng,
Chiang Sheng,
Philip Kwok,
Ti Lung,
Cho Boon Feng,
Yasuaki Kurata,
Cheung Paang,
Wong Yeuk-Ping



Inhalt:

China, Ming-Dynastie: Das Land wird von den Japanern überfallen. Der Feind schickt seine besten Kämpfer, die Ninja, um den unliebsamen General Chi Chi-Kwong [Ti Lung] einen Kopf kürzer zu machen. Das erste Attentat misslingt zwar, aber es wird klar, dass etwas getan werden muss. Daher sucht der Sohn des Generals den 'Meister der drei Künste' auf, einen weisen Kung-Fu-Kämpfer, der längere Zeit in Japan lebte und darum um die geheimen Kampftechniken der Ninja Bescheid weiß. Der alte Mann erzählt, dass er sein Können an seine drei besten Schüler weitergegeben hat, die jedoch nichts voneinander wissen und nur in Kombination unschlagbar sind, da jeder nur einen Teil des Wissens in sich trägt. Nun begibt sich der Sohn auf die Sache nach den Schülern, um die Männer zu vereinen und den Angriffen der Ninja gewachsen zu sein.

Kritik:

Ninjas! Keine Videothek der 80er Jahre war vo
r ihnen sicher. Die japanischen Schattenkrieger mit den schier übermenschlichen Fähigkeiten zogen die Actionfreunde an wie das Licht die Motten und ließen selbst bei geringen Produktionskosten artig die Kassen klingeln. Mal waren sie die Guten, mal die Bösen, aber stets passend gekleidet, blitzschnell und mit tödlichen Überraschungen gespickt. Mit den originalen Kämpfern des vorindustriellen Japan hatten die dunkelberobten Hampelmänner natürlich kaum noch etwas zu tun, aber das war dem Publikum – wenig überraschend – so ziemlich egal. Noch bevor der Boom im Westen mit Kloppern wie ENTER THE NINJA [1981] und AMERICAN NINJA [1985] begann, lies Regisseur Philip Kwok (der eigentlich eher als Darsteller bekannt und unter anderem auch in dem Shaw Brothers-Klassiker DER TEMPEL DER SHAOLIN zu sehen war) die Ninja das geplagte China überfallen und ihre todbringenden Wurfsterne zwecks Eroberung in Richtung mehr oder weniger wichtiger Militärs schleudern.

Zumindest zu Beginn geht es dabei zusätzlich auch noch (wie originell!) um ein Buch, das die geheimen Kampfkünste der Ninja enthält und immerhin wichtig genug war, um dem Vorspann als Hintergrundmotiv zu dienen, aber das fällt im Laufe der Handlung dann doch irgendwie der Vergessenheit anheim (bis man sich kurz vor Schluss aus heiterem Himmel wieder daran erinnert). Ohnehin ist die Story ziemlich zerfahren, verliert sich häufiger in Nebenschauplätze und hat auch so manche Ungereimtheit in petto. Warum der 'Meister der drei Künste' sein Fachwissen auf drei Personen verteilt (die noch zudem nichts voneinander wissen), erscheint ein wenig seltsam – hätte er jedem gleich alles gelehrt, hätte man sich eine Menge Mühe und Zeit ersparen können. Zudem fragt man sich, welchen Sinn es für die Japaner eigentlich hat, ständig ein paar Ninjas aus dem Gesträuch springen zu lassen, um wahllos irgendwelche Leute anzugreifen – zumal die angeblich so unbezwingbaren Supermänner hier auch keinen Fuß auf den Boden bekommen und bei so ziemlich jedem Attentatsversuch kollektiv ins Gras beißen müssen.

Im Vergleich zu den konfusen Konstrukten, die unter dem „Ninja“-Label in späteren Jahren noch so auf die Kundschaft losgelassen wurden (Gruß an Flickwerker Godfrey Ho und Konsorten), geht es hier allerdings noch durchaus nachvollziehbar zu. Letztendlich benötigte man ja ohnehin nur ein Alibi, um möglichst schlüssig möglichst viel Kampfgetümmel unterbringen zu können, und als solches funktioniert das zusammengezimmerte Gerüst in ausreichendem Maße. Denn obwohl nicht immer so ganz ersichtlich ist, worum es eigentlich gerade geht, ist trotzdem irgendwie immer irgendwas los und wirkliche Langeweile kommt in den 90 Minuten auch nicht auf. Die Ninjas sind zwar insgesamt eher selten im Einsatz, aber wenn, dann liefern sie das volle Programm: plötzliches Auf- und Abtauchen, fliegende Wurfgeschosse, Rauch- und Brandbomben und gleißende Alu-Gewänder, um ihre Gegner mit Sonnenlicht zu blenden. Entweder hocken sie im Baum und warten darauf, dass endlich mal jemand vorbeikommt, den sie überfallen können, oder sie wühlen sich vorschriftsmäßig durch das Erdreich. Und sollte dennoch mal ein Angriff misslingen (was, wie erwähnt, ziemlich häufig vorkommt), gibt es aus eigener Hand eine Ladung Säure ins Gesicht, um sich für den Gegner unkenntlich zu machen (bringt aber leider nichts, denn Ninjas erkennt man auch ohne Gesicht).

Auch die weibliche Belegschaft ist nicht untätig und kämpft mit den Waffen der Frauen, die da wären: vergifteter Tee, tödliche Haarnadeln und spitze Metall-Fingernägel, die sich sogar durch Holz bohren. Teilweise geht es dabei auch recht brutal zu und nicht unbedeutende Gliedmaßen wie Arme, Beine oder Köpfe verlassen ihren angestammten Platz. Das Kunstblut, das man dazu spendabel über die vermeintlichen Verstümmelungen schüttete, sieht jedoch dermaßen nach Kunst aus, dass selbst Kleinkinder danach noch gelassen nächtigen können. Die zahlreichen Schlagabtausche sind nicht schlecht gemacht, wirken teilweise allerdings etwas steif und einstudiert und gleichen somit mehr den Auftritten einer Performance-Gruppe als tatsächlichen Kämpfen auf Leben und Tod. Besonders abenteuerlich gerieten auch die Kostüme, die überwiegend einen sehr schrillen Eindruck hinterlassen und in ihrem quietschbunten Design mit lauter Schleifchen, Bändchen und Bommeln alles andere als authentisch wirken. Viel eher scheint es, als habe man einfach den nächstbesten Theaterfundus geplündert und sich wahllos auf alles gestürzt, was irgendwie auch nur im Entferntesten historisch aussah.

Dass DER CLAN DER NINJA in der Herstellung nicht allzu teuer gewesen sein kann, ist ohnehin nicht zu übersehen – dazu muss man nicht mal die ungleich aufwändigeren Kulissen und Kostüme der Shaw Brothers als Vergleichsobjekt bemühen. Hier wirkt alles eher billig: viel Feld, viel Wald, viel Wiese, dazu die übliche Dorfkulisse, die einen eher schäbigen Eindruck hinterlässt. Produziert wurde auch nicht vor Ort in China, sondern im günstigeren Taiwan. Dafür holte man sich zum Ausgleich einen ganz großen Namen ins Boot: Ti Lung war in den 70ern einer der bekanntesten Stars des Hongkong-Kinos, spielte in grandiosen Action-Granaten wie DUELL OHNE GNADE oder DAS SCHWERT DES GELBEN TIGERS, blieb jedoch auch später noch Dauergast auf der Leinwand, wirkte in John Woos Meilenstein A BETTER TOMORROW mit und ließ sich auch im hohen Alter noch in Schlachtepen wie THREE KINGDOMS oder SEVEN ASSASSINS blicken. In der Rolle des bedrohten Generals Chi Chik Kuang ist er hier zwar massiv unterfordert und bleibt trotz seiner Kampfkünste bis zum Schluss passiver Beobachter, aber allein seine bloße Präsenz veredelt sogar Ninja-Jokus wie diesen.

Ti mag zwar der bekannteste Name auf der Besetzungsliste sein, der Eastern-Freund jedoch erkennt auch in weiteren Rollen bekannte Genre-Gesichter, beispielsweise Yasuaki Kurata [→ KARATO – FÜNF TÖDLICHE FINGER] als böser Ninja-Führer oder Regisseur Philip Kwok persönlich. Fans freuen sich darüber, und alle anderen schauen sich so etwas ohnehin nicht an. DER CLAN DER NINJA ist für Einsteiger eher ungeeignet und bietet nicht genügend Potential, um Neulinge überzeugen zu können. Zudem merkt man, dass das ganze Getöse noch vor der eigentlichen großen Ninja-Welle entstanden ist; die Titelgeber treten insgesamt eher selten in Erscheinung und haben noch längst nicht solch verrückte Tricks auf Lager wie in den Jahren danach. Auch der Trash-Gehalt liegt, obwohl fraglos vorhanden, noch deutlich unter späteren Auswüchsen, was je nach persönlicher Fasson als gut oder schlecht bewertet werden darf. Unverbesserliche Groupies, die von den schwarzbetuchten Meuchlern einfach nie genug bekommen können, dürfen gern ein Auge auf das Geschehen werfen. Wen sie dabei allerdings nicht erblicken werden, ist Sonny Chiba – auch, wenn das deutsche Video-Cover das steif und fest behauptet und dem japanischen Weltstar sogar die Hauptrolle angedichtet hatte. Ob diese fehlerhafte Angabe aus Versehen erfolgte oder hier tatsächlich mutwillig Kunden getäuscht werden sollten, darüber darf gern spekuliert werden. 

Laufzeit: 91 Min. / Freigabe: ungeprüft

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