Eigene Forschungen

Montag, 15. Mai 2017

DREI ENGEL AUF DER TODESINSEL


THE LOST EMPIRE
USA 1984

Regie:
Jim Wynorski

Darsteller:
Melanie Vincz,
Raven De La Croix,
Angela Aames,
Paul Coufos,
Robert Tessier,
Angus Scrimm,
Blackie Dammett,
Kenneth Tobey



„In einer Zeit vor der Geschichtsschreibung existierte eine vergessene Kultur, ein seltsames Volk. Sie wurden die Lemuren genannt. Um ihre große Macht zu schützen, pflanzten sie ihre Geheimnisse der Wissenschaft in ein paar unglaubliche Juwelen ein – schimmernde Steine, die ein völlig eigenes Leben besaßen: die Augen des Avatara. Dann wurden die Lemuren bei einer Schlacht im Weltall, bei der die Erde beinahe vernichtet wurde, besiegt und die Augen voneinander getrennt. Es steht geschrieben, dass, wer immer die Juwelen wieder zusammenbringt, mit absoluter Macht regieren wird. Danach trachtete ein skrupelloser, teuflischer Geist. Er wollte sich durch nichts und niemandem in seinem Plan stören lassen. Und so ist es – bis heute.“  

[grammatikalisch holprig, inhaltlich wirr – so müssen gesprochene Einleitungen sein!]


Inhalt:

Super-Bullette Angel [Melanie Vincz] verliert ihren Bruder, ebenfalls im Polizeidienst, als dieser versucht, einen Raubüberfall auf ein Juweliergeschäft zu verhindern. Angel dürstet es nach Vergeltung und versucht herauszufinden, wer für das Verbrechen verantwortlich ist. Die Spur führt schnell zum geheimnisvollen Dr. Sin Do [Angus Scrimm], der auf einer Insel haust und dort regelmäßig Kampfsport-Turniere veranstaltet. Angel beschließt, sich als Teilnehmerin einzuschleusen, allerdings kann sie das nicht allein tun, da sich aus Sicherheitsgründen immer nur Dreiergruppen anmelden dürfen. So holt Angel erst ihre indianische Gefährtin White Star [Raven De La Croix] ins Boot, mit welcher sie sich dann aufmacht, um eine weitere Kandidatin für die Mission zu rekrutieren: die Kleinkriminelle Heather [Angela Aames], die allerdings erst aus dem Knast geholt werden muss. Dermaßen formiert gelingt es den drei Grazien tatsächlich, sich Zugang zu Dr. Sin Dos Festung zu verschaffen. Schnell zeigt sich, dass der kriminelle Doktor auf die magischen Steine aus dem Einleitungstext scharf ist, um damit – logisch! - die Welt zu beherrschen. Die drei Engel versuchen das zu verhindern, müssen dafür aber ihre gesamten Kräfte mobilisieren.

Kritik:

In der Wissenschaft heißt es, die große Kunst eines jeden guten Films läge darin, dessen Thematik bereits innerhalb der ersten Szenen symbolisch auf den Punkt zu bringen. So beginnt Sam Peckinpahs Western-Abgesang THE WILD BUNCH mit einer Sequenz, in der spielende Kinder ein paar Ameisen per Lupe und Sonnenstrahl grausam über den Jordan schicken, während George Lucas Sternen-Oper STAR WARS mit dem Bild eines kleinen Rebellenschiffs eröffnet wird, das sich auf der Flucht vor einem übergroßen imperialen Sternenkreuzer befindet. DREI ENGEL AUF DER TODESINSEL beginnt mit dem von James Bond bekannten weißen Kreis auf schwarzem Untergrund, in welchem dann, während er immer größer wird und bald die ganze Leinwand ausfüllt, das erste Filmbild zu sehen ist - nur, dass das erste Filmbild hier aus den überdimensionalen Hupen einer klassischen 80er-Jahre-Dauerwellen-Blondine besteht, die gerade im Begriff ist, sich ein Diamant-Collier zuzulegen. Man kann also unmöglich behaupten, dass Autor und Regisseur Jim Wynorski seine Hausaufgaben nicht gemacht hätte, denn haargenau das erwartet einen in den nun folgenden 80 Minuten: altbewährtes Agenten-Allerlei mit großzügigem Atomtitten-Bonus. Den Rest an Assoziation besorgt dann der deutsche Titel, der das Werk nicht nur rein zufällig in die Nähe der bis in die 80er Jahre erfolgreichen TV-Serie DREI ENGEL FÜR CHARLIE rückt, in der drei attraktive Privatdetektivinnen dem Bösen regelmäßig in den Allerwertesten traten.

Die fröhliche Unbekümmertheit, mit welcher dieser hochgradige Blödsinn an den Mann (beziehungsweise 'an die Männer', denn diese dürften die Hauptzielgruppe gewesen sein) gebracht wird, ist dabei ziemlich ansteckend und sorgt von Beginn an für gute Laune. Denn THE LOST EMPIRE, wie die Nummer ein wenig langweilig im Original heißt, zögert nicht lang und präsentiert bereits nach wenigen Minuten eine Kette angenehm kurioser Verrücktheiten, was mit ein paar Ninjas beginnt, die in ihrer Maskerade eher so aussehen, als wären sie gerade aus einem Sadomaso-Schuppen geflohen, und einen Juwelierladen derart überfallen, dass sie stocksteif in der Gegend herumstehen und ihre Wurfsterne wie Jo-Jos an Schnüren baumeln lassen, bevor sie sie dem per Schusswaffengebrauch energisch dagegen protestierenden Ladenbesitzer beherzt in den Schädel treiben. Auch nachfolgend verzichtete man auf alles, was irgendwie Langeweile verbreiten könnte, und führt mit Angel (!) den ersten titelgebenden Engel ein, welche eine Geiselnahme in einem Schulgebäude dadurch beendet, dass sie mit dem Motorrad durch die Eingangstür brettert und so lang in der Gegend herumballert, bis nur noch einer der Gangster übrig ist. „OK, Schwein, das waren sechs. Jetzt hast du keine Kugeln mehr“, bemerkt der Überlebende, bevor er sich eine tödliche Kugel von der Angesprochenen einfängt. „Solltest mal in die Schule gehen, Punk! Und besser zählen lernen“, entgegnet diese, während ihr Gegenüber auf dem Lehrerpult verreckt. Besser kann man einen Charakter kaum etablieren - auch, wenn die Anleihe bei DIRTY HARRY mehr als nur offensichtlich ist.

Ungleich bizarrer geriet hingegen die Einführung des zweiten Engels, White Star genannt, die so komisch heißt, weil sie eine Indianerin ist, die erst irgendwie aus irgendeiner parallelen Geisterwelt herbeigerufen muss, aus welcher sie, von einem zünftigen Sternchen- und Funkenregen begleitet, ehrfurchtgebietend und mit stolz geschwellter Brust (wobei eine Brust dieses Ausmaßes streng genommen gar nicht ungeschwollen sein kann) hervorreitet und dabei ein schickes pseudoindianisches Faschingskostüm spazierenträgt, das ihre enorme Oberweite nochmals zusätzlich herausarbeitet. Und das dritte Mitglied der Truppe, Heather gerufen, muss erstmal aus dem Knast befreit werden, wo sie sich allerdings gerade – welch Zufall! - ein Schlammcatch-Match mit einer Mitgefangenen liefert, die sich allen Ernstes Peitschen-Lilly nennt. „Hey, du Tittenkönigin! Komm mal rüber und lass dich anfassen!“, heißt es da wenig galant, während die Gegnerin antwortet: „Du schwimmst in deinem Blut, Scheißtier! Nicht umsonst nennt man mich Peitschen-Lilly.“ Die anschließende Rekrutierung des Engels Nummer 3 findet natürlich – wie es eigentlich bei jedem diplomatischem Gespräch der Fall sein sollte! - unter der Dusche statt.

Wer es zu diesem Zeitpunkt immer noch nicht begriffen hat, dem ist nicht mehr zu helfen: DREI ENGEL AUF DER TODESINSEL ist Quatsch im Quadrat, will aber auch gar nicht mehr sein als eben dieses. Kleine-Jungs-Träume werden wahr, wenn die drei Engel, zwar ohne Charlie, dafür aber mit reichlich Holz vor der Hütte, gegen ein kriminelles Superhirn antreten müssen, das auf einer einsamen Insel in einer (eindeutig nur gemalten) Festung haust und es für eine gute Idee hält, regelmäßig attraktive Frauen in einem mörderischen Wettkampf aufeinander zu hetzen, um die Siegerinnen im Anschluss der privaten Haus- und Hofarmee einzuverleiben. Wer es dennoch schafft, dem Unhold zu nah auf die Pelle zu rücken, muss dann noch an allerlei abstrusem Getier wie Roboterspinnen, Kampfgorillas und grobschlächtigen Killerglatzen vorbei. So kostengünstig dieser herrliche Unfug in der Herstellung auch gewesen sein mag - Jim Wynorski [→ DIE INSEL DER RIESEN-DINOSAURIER], welcher später der tiefergelegten Unterhaltung treu blieb, inszenierte sein launiges Debüt mit der nötigen Kompetenz und kreierte zusammen mit Kameramann Jacques Haitkin [→ NIGHTMARE] durchaus ansprechende Bilder, die sich - bis auf wenige Ausnahmen – hinter seriösen Produktionen dieser Epoche nicht zu verkriechen brauchen. Die musikalische Untermalung Alan Howarths [→ HALLOWEEN 4] lädt zum Mitwippen ein, ist für einen Beitrag dieser Kategorie allerdings eher ungewöhnlich und erinnert eher an die Soundtrack-Kompositionen John Carpenters (mit welchem Howarth allerdings auch oft zusammenarbeitete). Die Darsteller liefern im Rahmen des Benötigten ebenfalls zufriedenstellend ab. Zwar hapert es in den Hauptrollen auffallend an behaupteter Kampfkunst, dennoch machen die drei Damen tüchtig Dampf und dürfen im Finale besagten Kampfgorilla mit einem beherzten Tritt in die Klöten auf die Matte schicken.

Kurzum: DREI ENGEL AUF DER TODESINSEL wird seiner Intention voll und ganz gerecht und ist haargenau die kalkulierte Spaßbombe geworden, die er auch sein wollte. Die pubertäre Polizistinnen-Posse ist eine wilde Mische aus DREI ENGEL FÜR CHARLIE, DIRTY HARRY, DER MANN MIT DER TODESKRALLE und JAMES BOND (die Tarantelszene ist ein direkter Verweis auf 007 JAGT DR. NO und statt einer Katze streichelt der Oberschurke hier zärtlich eine Schlange), abgeschmeckt mit Mega-Möpsen, SM-Ninjas und einer kleinen Portion Fantasy-Firlefanz. Und selbst ausgemachte Emanzen dürften trotz der eindeutigen Fixierung auf nackte Haut und große Oberweiten nur wenig zu meckern haben haben, immerhin wird hier die geballte Ladung Frauen-Power geboten, gegen welche die Herren der Schöpfung nicht mal im Ansatz eine Chance haben. So kommt Angels Geliebter Rick zwar ziemlich sympathisch daher, ist ohne sie jedoch reichlich hilflos und holt sich selbst beim schmusigen Techtelmechtel mit seiner Angebeteten eine blutige Nase. Die deutsche Sprachfassung mogelt dem Ganzen dann abschließend noch ein gutes Dutzend dummer Sprüche unter ("Eine alte indianische Weisheit sagt: Trau niemals einem Vogel ohne Federn." - "Ich kenne auch eine: Wer vögelt, kann auch fliegen."), fertig ist die Gute-Laune-Laube! Ab auf die Insel!

Laufzeit: 81 Min. / Freigabe: ab 18

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